Annan für Teilhabe Irans an Gesprächen über Syrien

Der ehemalige UN-Generalsekretär und jetzige UN-Sondergesandte für Syrien kritisiert falsche Gewichtungen bei den Vorschlägen zur Lösung der Konflikte in Syrien

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In einem Interview, das gestern in der französischen Zeitung Le Monde veröffentlicht wurde, räumt der UN-Sondergesandte für Syrien, Kofi Annan, ein, dass seine Friedensmission gescheitert sei und es auch keine Garantien dafür gebe, dass sie noch Erfolg haben könnte. Wie schon zu Anfang seiner Mission stellte er trotz des Scheiterns seine Bemühungen als alternativlos dar, formuliert als unbeantwortete Frage, welche anderen Optionen denn noch auf dem Tisch lägen.

Das Eingeständnis des Scheiterns wird Beobachter der Vorgänge und Entwicklungen in Syrien kaum überraschen, trotzdem enthält das Interview einige bemerkenswerte Äußerungen des von der UN eingesetzten Vermittlers. So etwa, wenn er gegen den Strich vieler Berichte und Kommentare, die im Westen kursieren, die Rolle Russlands einschränkt. Während Berichte über diplomatische Verhandlungen in den Hinterzimmern immer wieder betonen, dass die diplomatischen Vertreter der USA und auch Großbritanniens versuchen, Russland auf ihre Seite zu ziehen, insbesondere, um eine definitive Äußerung gegen den Verbleib Baschar al-Assads an der Macht zu erhalten, als ob sich damit allein schon die Krise in Syrien zum Besseren wenden würde, zieht Annan dieser Hoffnung und dem "Machtfaktor Russland" klare Grenzen.

"Die Ereignisse werden von mehreren Akteuren bestimmt. Russland hat Einfluss, aber ich bin nicht sicher, dass das Geschehen in Syrien von Russland allein bestimmt wird."

Daraus folgert Annan im Gespräch zweierlei. Erstens sei Iran auch ein wichtiger Akteur. Das Land muss Teil der Lösung des Konflikts sein, fordert Annan. "Es hat Einfluss und wir dürfen das nicht ignorieren." Es sei frappierend, so Annan, dass man sich in den Kommentaren alleine auf Russland beschränke. Daran knüpft er mit seiner zweiten Forderung an, die ebenfalls deutliche Kritik am Verhalten des Westens erkennen lässt. Warum so wenig über andere Länder gesagt wird, die Waffen und Geld schicken und damit "mit größerem Gewicht" die Situation in Syrien bestimmen. Gemeint sind hier Saudi-Arabien, Katar und bis zu einem bestimmten Maß auch die Türkei. Bekannt ist auch, dass sich die USA und Großbritannien entschieden gegen eine Teilnahme Irans an Verhandlungen und Treffen zum Konflikt in Syrien ausgesprochen haben.

"Alle diese Länder geben vor, dass sie eine friedliche Lösung wollen, aber gleichzeitig ergreifen sie individuell und kollektiv Initiativen, die Beschlüsse des Sicherheitsrates unterminieren. Dass man den Fokus allein auf Russland richtet, irritiert viele Russen."

Was den Sicherheitsrat angeht und die immer wieder von den USA und namentlich Frankreich ins Gespräch gebrachte Möglichkeit, mit einer Resolution im Namen der Schutzverantwortung („Responsibility to Protect“) in Syrien einzugreifen, so stellt sich Annan auf die Seite derjenigen, die dies seit Libyen für unmöglich halten. Weil bei der Anwendung der UN-Resolution 1973 durch die Nato in der Praxis offenkundig wurde, dass sie Partei nahm, um den Rebellen beim Regimewechsel zu helfen, ist diese Option vom Tisch. Russland und China hatten das Vorgehen in Libyen sehr genau verfolgt und damit auch die Ausdehnung des Mandats, das sie sehr scharf kritisierten. Dieser Weg ist für Syrien verbaut. Die beiden Vetomächte achten sehr genau darauf, ob eine Resolution zu Syrien erneut ein Mandat ergeben würde, das in irgendeiner Weise einen solchen Regimewechsel befördern könnte. Sobald man im Zusammenhang mit Syrien das Thema Schutzverantwortung auf den Tisch bringe, so Kofi Annan, sei ein "Elefant im Zimmer".

Auch Äußerungen oppositioneller Vertreter, die sich von Anfang an vehement gegen seinen Plan und andere Beschlüsse von anderen Konferenzen (etwa der "Freunde Syriens") aussprachen, weil sie Baschar al-Assad in eine Lösung miteinbeziehen wollten, kritisiert der UN-Sondergesandte scharf.

Am Donnerstag vergangener Woche machte der irakische Außenminister Zebari darauf aufmerksam, dass man solide geheimdienstliche Erkenntnisse darüber habe, wonach vermehrt Angehörige der al-Qaida vom Irak nach Syrien "strömten", um dort bewaffnete Anschläge durchzuführen. Extremisten und Terroristen würden im Nachbarland Wurzeln schlagen, warnte der irakische Außenminister, der eine weitere Verschärfung des Konflikts in Syrien befürchtet.