Nichts geht mehr in Griechenland

Weder die linke Syriza noch die PASOK werden nach dem Scheitern der Konservativen eine Regierungskoalition zustande bringen - aber wird eine Neuwahl an der Pattsituation etwas ändern?

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Nachdem die konservative Nea Dimokratia am Montag an einer Regierungsbildung gescheitert ist, hat der griechische Präsident Karolos Papoulias die nächstärkste Partei, die linke Koalition SYRIZA, mit der Regierungsbildung beauftragt. Der 38-jährige Parteichef Alexis Tsipras hat seine grundlegenden Forderungen festgelegt, die es freilich unwahrscheinlich machen, dass es eine linke Regierungskoalition geben kann.

Letztlich müsste Tsipras, dessen Partei 52 der 300 Sitze im Parlament gewonnen hat, die neben den Konservativen die abgeschlagene PASOK mit ins Boot holen, was aber wohl nicht geht, wenn weiterhin alle Verträge mit den Kreditgebern aufgekündigt werden sollen, um dem "barbarischen Spardiktat" zu entgehen. Tsiparis wirbt damit, dass es nun einen "historischen Augenblick für die Linke" gebe und er die Aufgabe habe, diesen zu ergreifen. Allerdings haben die Kommunisten schon einmal abgewunken.

Natürlich lehnt der SYRIZA-Chef eine Regierung der nationalen Rettung unter der Führung der Konservativen und der PASOK ab, weil diese die Verpflichtungen gegenüber der EU und dem IWF einhalten und dem Willen des Volkes übergehen würde. Da sie nur 32 Prozent der Stimmen erhalten, würden sie nicht die Meinung der Mehrheit vertreten können. Er forderte die Chefs der beiden Parteien auf, einen Brief an die EU und den IWF zu schreiben, in dem sie erklären, dass die Vereinbarungen des Hilfspakets nicht mehr gelten, weil sich die Mehrheit des griechischen Volks dagegen ausgesprochen hat. Samaras und Venizelos haben jedoch deutlich gemacht, dass sie alles versuchen werden, um Griechenland in der Eurozone zu halten.

Gelingt der SYRIZA keine Regierungsbildung, würde wohl damit die PASOK beauftragt werden, die ebenso scheitern dürfte. Das Land käme politisch in den Stillstand, schließlich müsste neu gewählt werden, bis dahin würden alle Entscheidungen aufgeschoben.

Tsipras hat also eine große Verantwortung, aber die fünf Punkte, die seiner Ansicht nach für eine mögliche Koalition erfüllt werden müssen, verhindern eine Regierungsbildung oder würden vermutlich das Land in den Bankrott führen, wenn eine linke Regierung zustande käme. Selbst die seit dem Durchmarsch und vor allem seit der Wahl von Hollande in Frankreich durchgesetzte Ergänzung des Sparprogramms durch ein irgendwie geartetes und auf Kostenseite ungeklärtes Wachstumsprogramm dürfte an der verfahrenen Situation in Griechenland erst einmal wenig ändern.

Tsipras verlangt die sofortige Beendigung aller Maßnahmen, die die Griechen weiter verarmen lassen, beispielsweise Kürzungen von Gehältern und Renten. Sofort müssen auch alle Maßnahmen beendet werden, die eine Flexibilisierung des Arbeitsmarkts anstreben, aber fundamentale Arbeiterrechte untergraben. Gegen eine sofortige Abschaffung der Immunität von Abgeordneten, eine Reform des Wahlrechts und einer Veränderung des politischen Systems ist wohl kaum etwas einzuwenden. Die Regel etwa, dass die stärkste Partei noch zusätzlich 50 Sitze erhält, ist tatsächlich grotesk. Davon profitiert die Nea Dimokratia, auch wenn sie nur 18 Prozent der Stimmen erzielt und damit gerade einmal 2 Prozent vor SYRIZA liegt. Auch gegen eine Prüfung der griechischen Banken ist nichts einzuwenden. Nicht so gut im Ausland kommt hingegen an, dass Tsipras ein Memorandum für alle Schuldenzahlungen fordert, bis ein internationales Komitee die Ursachen des Haushaltsdefizits des griechischen Staats untersucht hat.

Tsipras lässt sich Zeit. Drei Tage gibt er sich, um mit allen Parteien zu sprechen, auch mit denen, die wegen der 3-Prozent-Hürde gar nicht ins Parlament einziehen konnten. Vielleicht will er schon den Boden für eine Regierungsbildung nach Neuwahlen erkunden. Selbst mit den Konservativen will er sprechen, was natürlich nur pro forma geschieht, ausgeschlossen wird nur die rechtsextreme Chrysi Avgi.

Es bleibt also spannend in Griechenland. Die Wahlbeteiligung war allerdings trotz der kritischen Situation erstaunlich niedrig. 34 Prozent zogen es vor, nicht zur Wahl zu gehen, wobei unklar ist, ob sie bereits alle Hoffnung haben fahren lassen, gleichgültig sind oder keine Option bei den mehr als 30 Parteien gesehen haben.