Immaterialgüterrecht im Fernsehkrimi

Der Bayerische Rundfunk muss eine Grafikerin als Urheberin des Tatort-Vorspanns anerkennen

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Für viele Fernsehzuschauer ist der seit 1970 fast unverändert belassene Vorspann das Beste am ARD-Tatort. "Dieser Vorspann hat sich in das Gedächtnis von Generationen eingeschrieben und nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass der Tatort zu einer wiedererkennbaren Marke geworden ist" war bis vor Kurzem auf der ARD-Website zur Serie zu lesen. Und Teile des Vorspanns wurden beim Patentamt tatsächlich als Marke eingetragen. Nun hat die 21. Zivilkammer des Landgerichts München I entschieden, dass der Bayerische Rundfunk eine mittlerweile 75-Jährige als Urheberin dieses Fernseh-Filetstücks akzeptieren muss. (Az. 21 O 11590/09)

Bei der Frau handelt es sich um die Grafikerin Kristina Böttrich-Merdjanowa, die sich damals an einem von der ARD ausgeschriebenen Wettbewerb beteiligt hatte. Der eingereichte Entwurf wurde ihren eigenen Angaben nach nicht nur weitgehend unverändert umgesetzt, sie erstellte auch das Storyboard und wirkte an der Verfilmung mit. Das stellte das Gericht über die Vernehmung mehrerer Zeugen fest, darunter auch der Schauspieler Horst Lettenmeyer, dessen Beine, Augen und Hände damals im Studio und am alten Münchener Flughafen abgefilmt wurden.

Mit dem noch nicht rechtskräftigen Urteil erhält die Grafikerin einen Anspruch auf die Nennung ihres Namens im Vor- oder Abspann und auf Auskunft bezüglich Sendedaten und Einnahmen der Sender. Anhand dieser soll dann ein Nachvergütungsanspruch für die letzten 10 Jahre und für die Zukunft beziffert werden. 1970 hatte Böttrich-Merdjanowa für ihre Arbeit eine Einmalzahlung in Höhe von 2.500 D-Mark erhalten. Angeblich hieß es damals, die Sequenz sei nur für eine Pilotfolge bestimmt, weshalb die lange Zeit in Bulgarien lebende Frau nicht damit rechnete, dass der Vorspann einmal fast täglich irgendwo im deutschsprachigen Fernsehen laufen könnte.

Nach den Zeugenaussagen hält man es auch beim Bayerischen Rundfunk für wahrscheinlich, dass Kristina Böttrich-Merdjanowa tatsächlich die Urheberin des Vorspanns ist. Allerdings sieht man möglicherweise grundsätzliche Fragen des 2002 neu geregelten Anspruchs auf Nachvergütung betroffen, so dass man erst einmal die Entscheidungsgründe abwarten will, bevor über eine Berufung entschieden wird. Der Münchner Anwalt Nikolaus Reber, der die Klägerin vertritt, weist, auf diese Berufungsmöglichkeit angesprochen, darauf hin, dass durch eine Kombination von Stufenklage und Instanzenweg bis zu einer endgültigen Entscheidung viele Jahre vergehen können, was vor allem für Anspruchsberechtigte in fortgeschrittenem Alter ein Problem sei.

Albrecht Schmidt-Bischoffshausen, der Justiziar des Bayerischen Rundfunks, betont gegenüber Telepolis allerdings, dass man gegenüber der 75-Jährigen keinesfalls "auf Zeit spielen" wolle, was sich unter anderem dadurch zeige, dass man sich von Anfang an sowohl hinsichtlich einer Namensnennung als auch einer Nachvergütung vergleichsbereit gezeigt habe. Zudem war die Grafikerin dem BR, der vor 40 Jahren einen Vertrag mit einer heute nicht mehr existierenden Produktionsfirma geschlossen hatte, bis vor kurzem noch völlig unbekannt, so dass entsprechende Nachfragen zu den genauen Umständen der Ansprüche durchaus legitim gewesen seien.