Japanische Regierung schwenkt auf Atomkurs ein

Neuer Ministerpräsident will die alten Ausstiegsbeschlüsse revidieren

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Japans neuer alter Ministerpräsident Shinzo Abe ist ganz der Mann der Atomindustrie. Mitte Dezember waren seine konservativen Liberaldemokraten an die Macht zurückgewählt worden und schon kündigt der am Mittwoch gewählte Regierungschef eine Kehrtwende in der Atompolitik an.

Derzeit laufen von den 54 japanischen Reaktoren, die bis zum 11. März 2011, dem Tag der mehrfachen Havarie in Fukushima, in Betrieb waren, nur zwei. Im letzten Frühjahr hatten sogar etliche Wochen lang alle stillgestanden. Die Wiederinbetriebnahme der beiden jetzt Strom liefernden hatte zu den bisher größten Anti-AKW-Protesten in der Geschichte des Landes geführt.

Dessen ungeachtet hat die neue Regierung angekündigt, den vagen Ausstiegsplan ihrer Vorgänger überdenken zu wollen, was wohl soviel wie schreddern heißt. Erklärtes Ziel ist außerdem, die stillstehenden AKW wieder in Betrieb zu nehmen. Die Zeitung The Mainichi hat allerdings Zweifel, ob die Betreiber in der Lage sein werden die als „tough“ beschriebenen neuen Sicherheitsstandards bis zum kommenden Sommer umsetzen zu können. Der ist in Japan die Zeit des höchsten Stromverbrauchs, und insofern ist ein abermaliger sommerlicher Stillstand des allergrößten Teils der AKW-Flotte natürlich ein ziemlich offensichtlicher Beweis, dass es auch ohne Atomkraft geht.

Die Frage ist, ob Abe mit seiner pro-Atom-Politik sich nicht zum Geburtshelfer einer neuen Politisierungswelle auf der Insel der aufgehenden Sonne macht. Die Anti-AKW-Bewegung ist im ausgehenden Jahr stark angewachsen und wird die Wiederinbetriebnahmen sicherlich nicht kampflos hinnehmen.

Vielleicht wird ja in diesem Zusammenhang auch die Gruppe „Kraftwerk“ noch Gelegenheit zu weiteren Auftritten vor japanischen Atomkraftgegnern haben, wie hier im Sommer 2012 in Tokio. Und immerhin hat das Land, anders als sein hiesiges Image vermuten lässt durchaus auch eine Geschichte großer und militanter sozialer Bewegungen, auch wenn diese schon ein paar Jahrzehnte zurückliegt.