Banken nicht "länger wie heilige Kühe" verehren

Ungarn setzt nun vor allem auf eine Abgabe für Finanzkonzerne, um das Haushaltsdefizit zu senken

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Der neue konservative Regierungschef Ungarns, Viktor Orban, tanzt nicht mehr nach der Pfeife des Internationalen Währungsfonds. Der Premier hält zwar weiter an dem Ziel fest, das Haushaltsdefizit in diesem Jahr auf 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu senken. Doch statt zu sparen, wird nun die Konjunktur angekurbelt, dafür werden die Unternehmens- und Einkommenssteuern gesenkt. Um das zu finanzieren, werden nun auch Finanzinstitute und Versicherungen zur Kasse gebeten, denn die sollen nicht "länger wie heilige Kühe" verehrt werden, sagte Orban.

Das gefällt dem IWF ganz und gar nicht, weshalb die Washingtoner Finanzorganisation die Auszahlung einer Kreditrate an Ungarn verwehrte. Orban betont dagegen auch mit Blick auf die Europäischen Zentralbank (EZB) und die Europäische Kommission, die die Abgabe ebenfalls kritisieren, dass am Konsolidierungsziel festgehalten werde. Es gebe aber keine Vereinbarung darüber, wie dieses Ziel zu erreichen sei, fügte der Rechtspopulist an. Er setzt deshalb vor allem auf die Sondersteuer für Banken, Versicherungen und Leasingfirmen, die 0,45 % der Bilanzsumme abtreten sollen. Dabei ist es zunächst egal, ob das Institut oder das Unternehmen einen Gewinn macht. Gut 700 Millionen Euro sollen über diese Maßnahmen in die Staatskassen gespült werden.

Die Rechtsregierung hatte Ende Juli mit ihrer großen Mehrheit einen Aktionsplan mit 29 Punkten durchs Parlament gebracht. Mit dem IWF ganz brechen will die Regierung aber nicht. Der ungarische Staatssekretär Mihaly Varga erklärte: "Wir bemühen uns, den Dialog mit dem IWF aufrechtzuerhalten." Allerdings geht die Regierung davon aus, dass der Vertrag mit dem IWF ausgelaufen ist. Varga erneuerte eine grundsätzliche Kritik an den Maßnahmen des IWF, die aus konservativen Kreisen allerdings eher neu ist. "Der IWF war niemals in der Lage gewesen, eine Therapie zu leisten, egal wo, die effektiv war."

Tatsächlich haben die Ungarn die bittere Medizin des IWF schon zu schmecken bekommen, doch mit den Maßnahmen konnten die sozialdemokratischen Vorgänger das Land nicht stabilisieren. Ein Blick nach Rumänien zeigt auch, dass die IWF-Sparpläne es nicht schaffen, den Haushalt dort zu konsolidieren, weshalb die Mehrwertsteuer nun sogar auf 25% angehoben werden soll. Obwohl in Rumänien das Defizit in diesem Jahr wohl fast doppelt so hoch wie in Ungarn ausfallen dürfte, drückt man in Brüssel und Washington beide Augen zu, wenn sich die Mitte-Rechts-Regierung dort dem Diktat des IWF unterwirft, wie es auch die Sozialdemokraten in Griechenland tun.

Es scheint eine verkehrt Welt zu sein, wenn Sozialdemokraten in Griechenland und Spanien harte Sparkurse auf Kosten der breiten Bevölkerung fahren, aber Konservative in Ungarn die Banken und in Großbritannien vor allem Reiche zur Kasse bitten.