Iran wirft westlichen Medien "Cyberkrieg" vor

Von Zwergen, Hackern und Feindbildriesen - Der Ton zwischen europäischen Ländern und Iran verschärft sich.Update

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Bemerkungen mancher westlicher Staaten seien "unverantwortlich und aufdringlich", kritisierte Mottaki gestern auf einer Rede vor Journalisten; Auszüge werden vom iranischen presstv zitiert. Der Westen übertreibe und dramatisiere die Unruhen, so Mottaki. Frankreich, Großbritannien und Deutschland sollten sich das "zweimal überlegen", bevor sie den demokratischen Prozess der kürzlich erfolgten Wahlen in Frage stellen. Heute bekräftigte der Sprecher des Außenministeriums, Hassan Kashkavi, nach Angaben des iranischen Fernsehsenders Press-TV die Vorwürfe seines Ministers, wonach der Westen die Unruhen im Iran "dramatisiere". Kashkavi verstärkte in seiner Pressekonferenz die Kritik insbesondere an den westlichen Medien und sprach von einem "völlig aus dem Rahmen fallenden Cyber-War", den ausländische Medien gegen die iranische Regierung zu führen versuchten.

"Sie gehen jetzt sogar so weit, dass sie iranische Nachrichtenseiten hacken, um die Kluft zwischen der Regierung und der Bevölkerung zu vergrößern", sagte Kashkavi und warnte, dass in der Regierung derzeit Planungen laufen würden, wie der ausländischen Einmischung zu begegnen sei.

Am Wochenende hatte sich Bundeskanzlerin Merkel deutlich auf die Seite der Oppositionellen gestellt und deren Forderungen nach Neuauszählung in einem Appell an die iranische Regierung geäußert. Weiter verlangte Merkel von der Regierung in Iran, dass sie "friedliche Demonstrationen zulasse" und Gewalt gegen Oppositionelle unterlasse, inhaftierte Demonstranten sollten freigelassen und freie Berichterstattung zugelassen werden. Deutschland stehe auf Seiten der Menschen im Iran, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausüben wollten.

Auch der französische Präsident Sarkozy zeigte sich sehr entschieden. Die Haltung des Iran gegenüber dem "legitimen Verlangen eines großen Teils der iranischen Bevölkerung nach Wahrheit" sei "unentschuldbar", erklärte Sarkozy. Seine Forderung nach aufklärerischen Grundrechten fiel (in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Qatars) allerdings etwas feierlicher aus:

"Es muss ein Licht auf die Wahlen geworfen werden, weil die Iraner das Recht auf Transparenz und auf Wahrheit haben. Die Repression und die Gewalt gegen die pazifistischen Demonstranten müssen aufhören, da sie keinerlei Rechtfertigung haben."

Der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki reagierte mit einer wenig feierlichen Bemerkung. Ein deutsches Nachrichtenmagazin zitiert ihn mit den Worten "Frankreich sei eine große Nation, die derzeit von 'Zwergen' regiert werde".

Geäußert wurde die Beleidigung bei einem diplomatischen Treffen, wo man eigentlich andere Töne erwartet. Die dort geäußerte scharfe Kritik Mottakis an den europäischen Ländern machte unmissverständlich klar, das sich die Fronten verhärtet haben. Die Politik Deutschlands, Großbritannien und der USA in der Region sei falsch, wird Mottaki weiter zitiert. Er wies in diesem Zusammenhang auf Giftgaslieferungen westlicher Staaten in den achtziger Jahren an Saddam Hussein hin. Seit 20 Jahre würden Iraner an den Folgen dieser Lieferungen leiden.

Am Sonntag bekräftigte der Außenminister seine Kritik am Westen, besonders errregte er sich im Falle Großbritanniens. Seit Jahren versuche die britische Regierung, die Wahlen im Iran zu beeinflussen. Auch diesmal seien im Vorfeld der Wahlen Personen festgenommen worden mit Kontakten zum britischen Geheimdienst. Wie bekannt wurde, hat der Iran den BBC-Korrespondenten aufgefordert, das Land zu verlassen.

Auch bei dieser Kritik, die letztlich mehr Empfindungen offenlegte als sachliche Argumente, konnte sich der Vertreter der iranischen Regierung nicht ersparen, das Lieblingsfeindbild seiner Regierung ins Bild zu schieben, Israel und den Zionismus. Großbritannien, so Mottaki, habe die Unsicherheit im Mittleren Osten verursacht, weil es dabei geholfen habe, "das zionistische Regime zu gründen" und deutsche Politiker würden von Israelis eingeschüchtert.

Solche Ablenkungsmanöver, mit denen sich der Außenminister erspart, auf die Vorwürfe der westlichen Länder, die ja nicht grundlos gemacht werden, einzugehen, entwerten letztlich auch die Forderung Muttakis nach einem "klaren Bild", das sich der Westen vom Iran und der Wahl machen soll.