Ein schöner Extraprofit

Wie der Sonnenstrom den Netzbetreibern im kalten Winter die Taschen füllt und Panikmache über vermeintliche Engpässe das Publikum davon ablenken soll

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Der große Blackout, der uns für diesen Winter versprochen worden war, ist ja nun ausgeblieben. Statt dessen liefern die Tausenden von "völlig unsinnigen" Solaranlagen auch im Winter jede Menge Strom. Heute über Mittag dürften es, wie auf der Seite der Leipziger Strombörse mit einiger Verzögerung nachzulesen sein wird, für mehrere Stunden zwischen fünf und sechs Gigawatt (GW) gewesen sein, eine Leistung, die etwa vier der größeren AKW entspricht.

Zuletzt sollten wir ja, wie in Telepolis berichtet Warten auf den Blackout in Frankreich, durch das Märchen vom kalten Winter aufgeschreckt werden. Der ist natürlich tatsächlich im Augenblick ziemlich kalt, aber dass es deswegen am Mittwoch, wie behauptet wurde, hierzulande Engpässe gegeben hätte, ist eine Ente.

Ein Blick auf die sogenannte Transparenzplattform entsoe.net (Anmeldung notwendig) gibt Aufschluss über die realen Stromflüsse am Mittwoch. Demnach ist Deutschland den ganzen Tag über - die Daten liegen als Stundenmittel vor - Nettostromexporteur gewesen. Empfänger waren vor allem Frankreich, die Schweiz, die ihrerseits viel an Frankreich, aber auch Italien liefert, Österreich und Polen. Bei letzterem handelt es sich zumindest zum Teil um einen Ringfluss, der aus Nordostdeutschland über Polen und die Tschechische Republik nach Bayern geht.

Als Beweis für den angeblichen Engpass wird ein Kraftwerk der Kaltreserve mit einer Leistung von 220 Megawatt (0,22 GW) genannt, das in Mannheim angeworfen wurde. Außerdem seien die bereits Anfang Januar im Rahmen einer ähnlichen medialen Desinformationsaktion (siehe Wenn die Argumente ausgehen) zu einiger Prominenz gelangten Kraftwerke in Österreich, die dort als Reserve für Deutschland bereitgehalten werden, angeworfen worden.

"Schon zum zweiten Mal in diesem Winter mussten die Netzbetreiber auf Notreserven zurückgreifen und Strom aus Österreich zukaufen", schrieb der Spiegel aus Hamburg. Tatsächlich hat aber, siehe oben, Österreich am fraglichen Tag netto durchgehend Leistung in Deutschland nachgefragt - und zwar zwischen 0,6 und 2,6 GW.

Tatsächlich ging es am Mittwoch wieder einmal, wie schon Anfang Dezember, darum, dass die hiesigen Netzbetreiber mit einem satten Gewinn den auch am Mittwoch reichlich vorhanden Wind- und Solarstrom im Ausland verkaufen konnten. Frankreich bezog an diesem Tag ganztägig Leistung aus Deutschland, und zwar mit etwa einem GW am meisten um die Mittagszeit. Zur gleichen Zeit speisten hierzulande Windräder zwischen 2,5 und 4,5 GW ein. Zusätzliche sechs bis sieben GW lieferte die Sonne.

Für eine Gigawattstunde Sonnenstrom erhalten die Anlagenbesitzer je nach Baujahr grob geschätzt 250.000 Euro. Wenn der Strom nach Frankreich tatsächlich für zwei Euro pro Kilowattstunde verkauft wurde, wie es hieß, dann würde das einem Profit von 1,75 Millionen Euro entsprechen. Aufsummiert über den ganzen Tag könnten das - noch gröber geschätzt - zehn Millionen Euro gewesen sein, die die "völlig unsinnige" Fotovoltaik den Netzbetreibern in die Kasse gespült haben. Übrigens: Natürlich werden derlei Extragewinne, für die so gut wie keine eigene Leistung erbracht wurde, nicht von der EEG-Umlage abgezogen.