Sarkozy drängte heimlich auf mehr Internetüberwachung und Zensur

Angeblich stießen die Pläne des französischen Präsidenten nicht nur bei der russischen, sondern auch bei anderen G8-Regierungen auf offene Ohren

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der französischen Zeitschrift Marianne zufolge belegt ein Schriftwechsel zwischen dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und seinem ehemaligen Außenminister Bernard Kouchner, dass Sarkozy hinter verschlossenen Türen massiv auf mehr Internetüberwachung und Zensur drängte. Danach wollte Kouchner in Folge der von neueren Kommunikationstechnologien geprägten Proteste im Iran eine "Weltkonferenz über die Meinungsfreiheit im Internet" abhalten. Sarkozy torpedierte dieses Vorhaben, indem er statt von Dissidenten, Pressefreiheit und Menschenrechten von "Cyberkriminellen", "rechtsfreien Räumen" und einer "Zivilisierung des Internets" sprach, worauf hin der später durch Michelle Alliot-Marie ersetzte Außenminister mit seinem Rücktritt drohte.

Den Berichten nach trafen die auch auf internationaler Ebene vorangetriebenen Pläne des französischen Präsidenten für eine stärkere Überwachung und Zensur des Internets bei anderen G8-Regierungen auf offene Ohren. Die Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net fordert deshalb, dass alle G8-Dokumente öffentlich gemacht werden und alle Regierungen ihre Position zur Zensur und Kontrolle des Internets öffentlich machen müssten, damit Redefreiheit und Demokratie nicht wirtschaftlichen oder politischen Partikularinteressen zum Opfer fallen.

Die Enthüllungen über Sarkozys heimliche Vorstellungen von Internetpolitik sind unter anderem deshalb pikant, weil der Politiker am 24. und 25. Mai mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und anderen Internet-Prominenten einen ausgiebig beworbenen e-G8-Nebengipfel abhalten und sich als "Präsident 2.0" feiern lassen will. Hinzu kommt, dass er derzeit auch gegen (vor allem im Netz erhobene) Vorwürfe kämpft, der größte Nutznießer der DSK-Affäre und der natürliche Auftraggeber einer Honigfalle gegen seinen ehemals gefährlichsten Konkurrenten zu sein.