USA: Dramatische Verarmung der Mittelschicht

Das Nettovermögen der Mittelschicht ist von 2007 bis 2010 nach Angaben der Fed durch die Finanzkrise auf den Stand der frühen 1990er Jahre geschrumpft

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In den USA werden wie anderswo die Reichen immer reicher. Es vergrößert sich die Kluft zwischen Arm und Reich sowie zwischen Superreichen und der Mittelschicht. Eine Veröffentlichung der Fed macht nun deutlich, dass der amerikanische Traum für Viele durch die Finanzkrise verspielt wurde. Der Median des Nettovermögens der amerikanischen Familie ist 2010 von 126.400 US-Dollar im Jahr 2007 auf 77.300 eingebrochen und damit wieder auf den Stand der frühen 1990er Jahre zurückgefallen. Die Medianfamilie ist reicher als die Hälfte der Familien und ärmer als die andere Hälfte. Während das Vermögen der Medienfamilie um 38 Prozent gefallen ist, schrumpfte das der Durchschnittsfamilie nur um 14 Prozent, was heißt, die Reichen waren von der Krise weniger betroffen.

Das Schrumpfen des Nettovermögens der Mittelschicht hat also die während zwei Jahrzehnten wachsende Teilhabe wieder vernichtet. Grund ist die Immobilienblase. Die eingebrochenen Immobilienpreise stellen nach der Fed drei Viertel des Verlustes dar. Davon sind die Reichen nur am Rande betroffen, während bei den Durchschnittsfamilien das Haus den größten Vermögenswert bildet - und die Immobilienpreise haben sich nicht groß erholt. Aber auch die Einkommen sind inflationsbereinigt um 7,7 Prozent geschrumpft, nämlich von 49.600 US-Dollar im Jahr 2007 auf 45.800 Dollar im Jahr 2010. Auch wenn die Zahlen zwei Jahre alt sind, hat sich grundsätzlich an der Situation für die Mittelschaft, was Vermögen und Einkommen betrifft, kaum etwas verändert.

Die Menschen geben zwar weiterhin Geld für den Konsum aus, was die Wirtschaft nicht ganz zusammenbrechen lässt, aber man zögert die Zurückzahlung der Schulden hinaus und spart weniger für die Zukunft. Das Problem wird also vorerst in die Zukunft verschoben. Der Anteil der Familien, die 2010 überhaupt etwas zurücklegen konnten, fiel von 56,4 Prozent im Jahr 2007 auf 52 Prozent im Jahr 2010. Nach der Fed-Umfrage wird vor allem gespart, um kurz- oder mittelfristig gewappnet zu sein, nicht aber um für das Rentenalter oder die Zurückzahlung der Immobilienkredite etwas zu haben. Zwar sind die Kreditkartenschulden gesunken, sie lagen 2010 um 16 Prozent geringer bei durchschnittlich 2.600 US-Dollar, aber die Verschuldung zur Finanzierung der Ausbildung ist weiter angestiegen. Und auch wenn die Zinsen zwischen 2007 und 2010 gesunken sind, ist die Verschuldung der Haushalte relativ zum Einkommen angestiegen. Kein Wunder, wenn die Einkommen sinken. Man versucht sich auch dadurch zu retten, keine Kreditkarten mehr zu benutzen. 32 Prozent der Familien hatten 2010 keine Kreditkarten mehr, 2007 waren es nur 27 Prozent.