Frankreich vor vielen kleinen Revolutionen?

Schwule, lesbische, bisexuelle und trans-Aktivisten erhoffen sich vom Kandidaten François Hollande, dem Favoriten der heute beginnenden Präsidentschaftswahlen, entscheidende Veränderungen

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Die Wahllokale in Frankreich sind geöffnet. Vermutlich wird es bei der ersten Runde zur Präsidentschaftswahl keinen Sieger mit eindeutiger Mehrheit geben. Gleichwohl geht man davon aus, dass der Kandidat der PS, François Hollande, die Stichwahl am Sonntag, den 6.Mai, für sich entscheiden wird. Dies prophezeien die Umfragen seit Monaten. Der Ausgang des heutigen Wahlgangs wird anzeigen, wie genau die Umfragen auf das tatsächliche Wählerverhalten schließen lassen. Frankreichs Wähler sind immer gut für Überraschungen, war in manchen Publikationen vorsichtig gegenüber den eindeutigen Signalen aus den Umfragen angemahnt worden.

Einige Aufmerksamkeit richtet sich heute abend bei der Verkündung der Ergebnisse der ersten Runde ( Bis zu 75.000 Euro Strafe für Vorabergebnisse zu den französischen Präsidentschaftswahlen) darauf, wie die kleineren Parteien und deren Kandidaten abschneiden - insbesondere der Kandidat des Front de Gauche, Jean-Luc Mélenchon, und Marine Le Pen, die Kandidatin des Front National.

Aus den Medien-Berichten der letzten Wochen und aus Gesprächen mit Franzosen ergibt sich der Eindruck, dass die Präsidentschaftswahl eher als Ausdruck eines Votum "gegen Sarkozy" als eines "für Hollande" gelesen wird. Sarkozy hat sich mit Gesten, die eine gewisse überzogene Selbstherrlichkeit verraten, bei großen Teilen der Bevölkerung unbeliebt gemacht. Als Exempel dafür wird auffallend oft sein Versuch zitiert, 2009 seinen Sohn an die Spitze der staatlichen Betriebsgesellschaft des Pariser Geschäftsviertels "La Defense" zu hieven ( Sarkozys Meritokratie auf französisch).

Hollande orientierte sich in seinem Wahlkampf stark an Mitterand und die Euphorie, die dessen Wahlsieg 1981 auslöste. Hollandes eigene politische Vorschläge blieben gegenüber dieser Referenz etwas blass. Keine seiner Ideen machte große Furore. Er setzt auf den allgemeinen Wunsch der Franzosen nach Veränderung nach fünf Jahren Sarkozy.

Freilich wird es konkrete Veränderungen unter einem Präsidenten geben, die auch kulturell relevante Zeichen setzen. So schildert das Internetmagazin rue89.com beispielsweise Hoffnungen, die sich die große Mehrheit der Aktivisten machen, die seit mehreren Jahren für bessere Rechte der LGBT ("Lesbiennes, gays, bisexuels et transgenres") kämpfen. Während Sarkozy zu allen wichtigen Forderungen aus dem LGBT-Lager nein sagt, hat Hollande das Versprechen abgegeben, dass homosexuelle Paare heiraten können und auch das Adoptionsrecht zu ihren Gunsten geändert wird.

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Das ist eine kleine Revolution, kommentiert das rue89.com. Eine von vielen?