Europäischer Gerichtshof stellt pauschale Kopiergebühren in Frage

Die generelle Abgabe auf digitale Speichermedien, wie sie in vielen Staaten erhoben wird, ist nach Ansicht der Generalanwältin rechtswidrig

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In der Frage von pauschalen Gebühren für das Anfertigen von Privatkopien auf elektronische Geräte und Speichermedien, wie sie in vielen Ländern Europa erhoben werden, ist eine Vorentscheidung gefallen. Verhandelt wird seit Monaten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) der Streit, der seit Jahren in Spanien zwischen Herstellern von Speichermedien und Netizen auf der einen Seite und der Verwertungsgesellschaft SGAE tobt .

Am Dienstag hat die Generalanwältin am EuGH, Verica Trstenjak, ihren Schlussantrag im Rechtsstreit zwischen dem Hersteller von Speichermedien Padawan und SGAE vorgestellt. Trestenjak folgt in der Rechtssache C-467/08 der Argumentation der Internetnutzer und hält die spanische Regelung für rechtswidrig. Da die später urteilenden Richter in 80% der Fälle den Gutachten der Generalanwälte folgen, ist eine Vorentscheidung gefallen. Grundsätzlich hat Trstenjak den Anspruch von Rechteinhabern auf einen "gerechten Ausgleich" für das Recht der Käufer auf das Anfertigen von Privatkopien bestätigt. Diese Kopiergebühr dürfe aber nicht ausnahmslos auf alle Geräte und Speichermedien erhoben werden, die zur digitalen Wiedergabe geeignet sind, schreibt sie.

Sie folgt damit auch spanischen Gerichten, vor denen Netizen die Rückzahlung von 22 Cent Kopiergebühr durchgesetzt hatten, die sie jeweils für einen CD-Rohling bezahlt mussten. In Deutschland sind es 7,2 Cent, die zudem nur auf 30% aller Datenträger erhoben werden. Das heißt aber nicht, dass das zu erwartende Urteil keine Auswirkungen auf Deutschland hat. Denn die Praxis, nur einen Teil der Datenträger mit der Gebühr zu belegen, wurde schon bei DVDs nicht mehr angewendet. Pauschale Gebühren werden auch für Speicherkarten, USB-Sticks, etc. erhoben. Warum sollen aber eine Firma, ein Gericht oder Freiberufler Abgaben für Speicherkarten, Sticks, Fotokopiergeräte, Brenner, etc. bezahlen, wenn damit keine Privatkopien von urheberrechtlich geschützten Inhalten gezogen werden? Nur dafür dürfe die Gebühr erhoben werden, stellt die Generalanwältin am EuGH fest.

Wenn spanische Gerichte bisher die Rückzahlung von Kopiergebühren anordneten, hoben sie darauf ab, dass die Gebühr jahrelang wie eine Steuer abgeführt wurde, ohne dass es eine gesetzliche Regelung dafür gab. Das ist aber nicht die Frage des Gerichtshofs in Barcelona, das in zweiter Instanz mit dem Rechtsstreit zwischen Padawan und der SGAE befasst war. Der Audiencia Provincial lässt im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vor dem EuGH klären, ob die spanische Abgabenregelung grundsätzlich zulässig ist. Deshalb läuft der Versuch der sozialistische Regierung ins Leere, die inzwischen ein Gesetz nachgeschoben hatte, um das juristische Vakuum zu füllen. Doch anstatt das Problem einer unterschiedslosen Erhebung der Gebühr zu beseitigen, wurden auch in Spanien pauschal neue Geräte und Speichermedien einbezogen.

Wie schon in der Frage umstrittener Internetgesetze, dem Atomausstieg und der nun beschlossenen Rückkehr spanischer Truppen in den Irak haben die Sozialisten (PSOE) unter José Luis Rodríguez Zapatero ihre Wahlversprechen gebrochen. Die Regierung, die auch europaweit als Lobbyist für die Content-Industrie auftritt, bekommt nun wohl auch hier die Rechnung für ihre Politik. Die hat auch dazu geführt, dass Spanien bei der Internetnutzung hinter den EU-Mitgliedsländern herhechelt.

Wie die OECD immer wieder feststellt, entfernt sich Spanien bei der Nutzung von neuen Technologien weiter vom Durchschnitt. Und hier kann auch ein Grund dafür gefunden werden, warum Spanien in der Krise so tief abgestürzt ist und sich inzwischen am Scheideweg befindet. In der Krise belasten die hohen Kosten für Kopiergebühren und für die Internetnutzung im Land aber die Geldbeutel vieler Familien noch stärker, womit sich diese Schere weiter öffnen dürfte.