Frankreich, Niederlande und Spanien verfehlen Defizitziele

Die EU-Kommission meint, Spanien werde trotz des harten Sparkurses Ende 2013 statt 3% ein Defizit von 6,3% ausweisen, die Niederlande 4,6% und Frankreich 4,2%

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Nun hat die EU-Kommission ihre Frühjahrsprognose vorgelegt. Demnach geht man in Brüssel davon aus, dass die Wirtschaft in Eurozone in der Rezession ist und im laufenden Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen wird. Währungskommissar Olli Rehn sieht aber einen Silberstreif am Horizont und erklärte: "Ein Aufschwung ist in Sicht." Weil er das wohl selbst nicht so richtig zu glauben vermag, fügte er an, dass die "wirtschaftliche Lage fragil" bleibe und es weiter große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gäbe.

Neben Spanien soll mit Frankreich ein weiteres großes Euroland sein Defizitziel verfehlen. Frankreich werde nach Einschätzung der EU-Kommission das Haushaltsdefizit Ende 2012 nicht wieder auf die Stabilitätsmarke von 3% senken, sondern es nur auf 4,2% drücken können. Rehn erwartet, dass die neue französische Regierung ihre Sparmaßnahmen für 2013 detailliert darlegt. Auch die Niederlande, die gerne als Musterschüler in der EU gehandelt wird, soll demnach ein sogar noch höheres Defizit von 4,6% ausweisen.

Spanien wird das Defizitziel besonders stark verfehlen. Statt das Defizit bis Ende 2013 unter die Stabilitätsmarke von 3% zu senken, geht Brüssel nun davon aus, dass es sogar 6,3% sein werden. Das ist noch deutlich mehr, als für 2012 mit 5,3% angestrebt wird. Und dabei hatte die EU-Kommission das Ziel erst kürzlich schon von 4,4% auf 5,3% heraufgesetzt. Allerdings war dabei immer betont worden, dass letztlich entscheidend wäre, es 2013 wieder auf 3% zu bringen. Doch dieses Ziel rückt immer weiter in die Ferne.

Die Kommission ist plötzlich scheinbar sogar realistischer geworden als der Internationale Währungsfonds (IWF). Der hatte kürzlich prognostiziert, dass das Defizit Ende 2013 bei 5,7% liegen werde. Das Land, das gerade so richtig tief in die Rezession gespart wird, kann nach Prognose des IWF die Stabilitätsgrenze frühestens 2018 einhalten. Mit Realismus hat das aber nicht so viel zu tun. Hinter den scheinbar nüchternen Zahlen steckt, dass man die Öffentlichkeit auf das Aufweichen der Defizitziele vorbereitet. Zwar äußerte sich Rehn bei der Vorstellung nicht dazu, dass Spanien mehr Zeit bekommen soll, dabei pfeifen das längst alle Spatzen von den Dächern ().

In Spanien hat die erneute Aufweichung natürlich einen konkreten Hintergrund, denn das Land wird nun die viergrößte Bank verstaatlichen. Während man massiv in Bildung, Gesundheit, Forschung und Entwicklung spart, werden erneut Milliarden in marode Banken gesteckt. Und wenn es um Bankenrettung geht, dann, das zeigt sich auch an Irland sehr deutlich, nimmt man es in Brüssel mit Defizitzielen eben nicht sonderlich genau. So fällt auch auf, dass in den vielen Berichten zur Frühjahrsprognose Irland nicht erwähnt wird. Dabei soll dessen Defizit 2013 mit 7,5% noch deutlich über dem Spaniens liegen.

Die spanische Regierung hat am späten Mittwoch die Kontrolle über Bankia übernommen und räumte damit ein, dass alle bisherigen Sanierungsmaßnahmen gescheitert sind. Denn auch Bankia ist das Ergebnis von Rettungsbemühungen. Sie gehört zur Muttergesellschaft BFA (Banco Financiero y de Ahorros), zu der 2010 sieben über die geplatzte Immobilienblase angeschlagene Sparkassen vereint wurden. Die Fusion zu einem großen und noch gefährlicheren Institut wurde mit 4,5 Milliarden Euro aus Steuergeldern gefördert. Die sollen, zuzüglich Zinsen, nun in BFA-Aktien getauscht werden. Damit übernimmt der Staat wohl zu 100 Prozent die Kontrolle über BFA und damit zu knapp 50 Prozent an Bankia. Er hat dann die volle Verantwortung für die "Bad Bank". Denn die BFA gilt als eine der Banken, die offiziell mit 32 Milliarden Euro besonders viele toxische Werte in den Büchern hat und dafür steht nun der Steuerzahler gerade.

Doch Bankia ist nicht der einzige Problemfall, weitere Banken werden folgen, weil sich die Lage im viergrößten Euroland weiter verschärfen wird. Die spanische Wirtschaft soll 2012 gemäß der Frühjahrsprognose sogar um 1,8% schrumpfen und damit viel stärker als von der EU bisher erwartet. Trotz allem hält man in Brüssel weiter an dem verrückten Sparkurs und damit am Rezept für ein Desaster fest. Demnach müssen jetzt weitere Milliarden eingespart werden, die in Banken versenkt werden, wenn man die Verschuldung drücken will. Dass Kreditinstitute wie in Dänemark auch abgewickelt werden können, kommt offenbar niemandem in den Sinn. In Spanien wurde bisher auch die kleinste Sparkasse gerettet, weil sie offenbar "systemisch" ist. Rehn jedenfalls forderte "entschlossenes Handeln, um den Sparkassensektor zu rekapitalisieren".

Dabei werden die Löcher in den Bilanzen der Banken und Sparkassen mit jeder Firma, die in der Krise zahlungsunfähig wird, und jedem neuen Arbeitslosen größer, die ihre Firmen-, Hypotheken- oder Konsumkredite nicht mehr bezahlen können. Bald werden in dem Land, das nur die Hälfte der deutschen Bevölkerung hat, mit sechs Millionen Menschen doppelt so viele Menschen arbeitslos sein wie in Deutschland,. Offenbar ist man gewillt, die Löcher in den Bank-Bilanzen mit immer neuen Steuermilliarden zu stopfen, die sich die Bevölkerung dann vom Mund absparen muss. Denn dafür werden in Spanien die Steuern ständig für die erhöht, die nicht für die Exzesse von Banken in der Immobilienblase verantwortlich sind.