Lücke im Urteil

Wie die Berliner Staatsanwaltschaft doch Ergebnisse der Vorratsdatenspeicherung nutzen könnte

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Eigentlich war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Vorratsdatenspeicherung eindeutig. Da die Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung für nicht verfassungsmäßig erklärt wurde, waren die schon gesammelten Daten unverzüglich zu vernichten.

Unter Punkt 3 heißt es im Urteil unmissverständlich: "Die aufgrund der einstweiligen Anordnung vom 11. März 2008 im Verfahren 1 BvR 256/08 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 659), wiederholt und erweitert mit Beschluss vom 28. Oktober 2008 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 2239), zuletzt wiederholt mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3704), von Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste im Rahmen von behördlichen Auskunftsersuchen erhobenen, aber einstweilen nicht nach § 113b Satz 1 Halbsatz 1 des Telekommunikationsgesetzes an die ersuchenden Behörden übermittelten, sondern gespeicherten Telekommunikationsverkehrsdaten sind unverzüglich zu löschen. Sie dürfen nicht an die ersuchenden Stellen übermittelt werden."

Eine Lücke im Urteil könnte es der Berliner Staatsanwaltschaft ermöglichen, doch auf einige Ergebnisse der Vorratsdatenspeicherung zurückzugreifen. Da in dem Urteil keine Angaben darüber gemacht werden, was mit den Daten geschehen soll, die bereits den Behörden übermittelt wurden, ist die Berliner Staatsanwaltschaft der Ansicht, dass sie verwendet werden können.

In einer von der Berliner Staatsanwaltschaft herausgegebenen Leitlinie zur Sachbehandlung von Ermittlungs- und Strafverfahren heißt es: "Eine Löschung bzw. Vernichtung der Verkehrsdaten, die im Rahmen der einstweiligen Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts vor dem Urteil von den Dienstanbietern zulässigerweise an die ersuchenden Behörden übermittelt worden sind, wird in dem Urteil nicht angeordnet."

Während die Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue keine grundsätzlichen Bedenken gegen dieses Vorgehen hat und es jedem Richter freistellt, darüber zu entscheiden, kommt vom rechtspolitischen Sprecher der Berliner FDP Sebastian Kluckert und vom innenpolitischen Sprecher der Berliner Grünen Benedikt Lux scharfe Kritik. Lux meinte, die Staatsanwaltschaft wäre gut beraten, auf die Daten zu verzichten.

Juristisch handelt es sich hier wohl um eine Grauzone. So darf nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Anklagebehörde auch Ergebnisse nutzen, die bei einer rechtswidrigen Razzia gesammelt wurden.