Datendieb Falciani kann weiter Steuerbetrug und Geldwäsche aufdecken

Spanien liefert den "Robin Hood der Finanzwelt" nicht an die Schweiz aus, da Geldwäsche und Steuerhinterziehung angezeigt werden müssen

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Der Versuch der Schweiz, die Auslieferung von Hervé Falciani von Spanien zu erzwingen, ist gescheitert. Der Nationale Gerichtshof in Madrid hat am Mittwoch entschieden, dass der einstige Informatiker der britischen HSBC Bank in Genf nicht ausgeliefert wird. Die Alpenrepublik hatte den Italo-Franzosen beschuldigt, 130.000 Datensätze von 24.000 Kunden gestohlen und sich damit unter anderem der Verletzung des Bankgeheimnisses schuldig gemacht zu haben.

Der Gerichtshof schloss sich aber der Ansicht von Staatsanwältin Dolores Delgado an. Sie argumentierte, die wesentliche Bedingung für eine Auslieferung sei nicht erfüllt, denn dafür müssten die Vorwürfe auch in Spanien strafbar sein. Das sei nicht der Fall, stellte das Gericht fest. Gesetze gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung schreiben hier sogar vor, dass sie angezeigt werden müssen, wenn man Kenntnis davon erlangt. Das Gericht folgte auch Falcianis Angaben, der von "skandalösen Vorgängen" sprach, weil Schweizer Banken Steuerbetrug förderten.

Falciani arbeitete nach der Beschlagnahmung seines Computers in Frankreich 2009 eng mit den Ermittlern zusammen, allein dort wurden 8.200 Steuersünder ermittelt. Die Daten würden sich aber auch auf illegale Vorgänge in Spanien, Deutschland, Italien und den USA beziehen, die "strafbar sind und in keiner Form einem legitimen Schutz unterliegen", heißt es im Urteil. Scharf ging der Gerichtshof mit der HSBC ins Gericht, die Steuerbetrug, Geldwäsche und andere illegale Praktiken geduldet habe. Falciani wurde im Juli 2012 aufgrund eines internationalen Haftbefehls in Barcelona verhaftet, im Dezember auf freien Fuß gesetzt und nun wurden alle Auflagen gegen ihnen aufgehoben.

In Spanien wird er als "Robin Hood der Finanzwelt" gehandelt. Die Behörden erhielten Informationen über 3.000 HSBC-Konten und leiteten fast 700 Verfahren ein. Das habe zur größten "Regulierung in der Steuergeschichte" geführt, sagte der frühere Finanzstaatssekretär Carlos Ocaña im Prozess. Allein 2010 seien 250 Millionen Euro an Steuernachzahlungen in leere Staatskassen geflossen. 200 Millionen Euro musste allein Emilio Botín nachzahlen, Chef der großen Santander-Bank.

Weitere Ermittlungen in der Parteispendenaffäre der regierenden PP

Die Daten setzen auch der regierenden Volkspartei (PP) zu. Aufgedeckt wurde etwa, dass ihr Ex-Schatzmeister Luis Bárcenas über Schwarzgeld-Millionen auf Schweizer Konten verfügte. Es soll sich um illegale Parteispenden handeln. Eine handschriftliche parallele Buchführung hatte die große Tageszeitung El País im Januar veröffentlicht. An der Echtheit wird nicht mehr gezweifelt, da diverse Schriftgutachter sie eindeutig Bárcenas zuschreiben. Auch die Schweizer Justiz hat mittlerweile Ermittlungen aufgenommen.

Die spanische Polizei für Wirtschaftsverbrechen (Udef) hat Ermittlungsrichter Pablo Ruz eine Studie übermittelt. Auf 130 Seiten wird die illegale Parteienfinanzierung beschrieben. Von Bárcenas verzeichnete Spenden seien auch in die offizielle Buchhaltung der Konservativen überführt worden. Wenn der zulässige Höchstbetrag von 60.000 Euro pro Spender und Jahr überstiegen wurde, habe er sie gestückelt auf das PP-Konto überwiesen, um keinen Verdacht beim Rechnungshof zu erregen. Aber nur ein kleiner Teil seiner Einnahmen landeten auf dem offiziellen Konto.

Zwar waren auch anonyme Spenden bis 2007 erlaubt, doch seit 1987 durften keine Spenden von Unternehmen an Parteien fließen, wenn sie Aufträge für die öffentliche Hand ausführen. Gemäß der UDEF-Studie, aus der die Zeitung Público am Mittwoch zitierte zitierte, flossen aber aus diesen Unternehmen Millionen an die PP. Im Gegenzug hätten sie Aufträge in einem Gesamtumfang von mehr als 12 Milliarden Euro von der Zentral- und Regionalregierungen erhalten, in denen sie regierte. Ruz hat acht Firmenchefs vorgeladen, wie Juan Miguel Villar Mir (OHL) und Luis de Rivero (Sacyr Vallehermoso), meist Chefs großer Baufirmen.

Unter den identifizierten Spendern befindet sich auch die Supermarkt-Kette Mercadona. Auffällig ist auch der Baukonzern FCC, dem der Bruder des ehemaligen PP-Innenministers Jaime Mayor Oreja vorsteht. FCC soll allein Aufträge für mehr als vier Milliarden Euro erhalten haben. Auch der Ex-Innenminister soll parallel von Bárcenas mit Sonderzahlungen in Bargeldumschlägen von dessen Schwarzgeld-Konten bedacht worden sein. Die höchste Gesamtsumme, ergibt sich aus Bárcenas Aufzeichnungen, habe der heutige Ministerpräsident Mariano Rajoy erhalten.