Asse: Kosten unbekannt

Die auf zwanzig Jahre begrenzte Aufbewahrungsfrist für Akten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung könnte bewirken, dass die Ausgaben des Bundes für das Experiment "Versuchsendlager Asse" nicht mehr genau ermittelt werden können.

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Atomkraft, das ist für die Koalition aus CDU/CSU und FDP immer noch eine preiswerte und sichere Stromversorgung. "Kernkraft ist für die CDU Ökoenergie" - nach diesem alten Motto von Ronald Pofalla wird derzeit in Berlin fleißig Politik zugunsten der "ungeliebten Klimaschützer", wie das Deutsche Atomforum die Kernkraftwerke verklärend nennt, gemacht. Es ist schon längst keine Frage mehr, ob die Verlängerung der Laufzeiten für die eigentlich schon kurz vor der Abschaltung stehenden Mailer kommt, vielmehr wird um die Konditionen geschachert. Denn ein Teil der zusätzlichen Gewinne, die die Kraftwerksbetreiber durch die Verlängerung der Laufzeit einfahren würden, sollen abgeführt werden.

Von diesem Atomkuchen, der mit jeder zusätzlich produzierten Kilowattstunde Atomstrom ein Stück größer wird, wollen Länder wie Bayern einen Teil abhaben. Grund genug für Bayerns Umweltminister Söder, eine Beteiligung der Länder an den kommenden Verhandlungen mit den Betreibern der Kraftwerke über die Laufzeitenverlängerung zu fordern. Die Länder hätten schließlich die Atomaufsicht inne, und damit die Kompetenz, mit am Tisch Platz zu nehmen. Gewinner dieser Idee wären hauptsächlich Baden-Württemberg und Bayern, da dort der Anteil des Atomstroms im Energiemix besonders hoch ist.

Ein einziger Blick in Richtung des Versuchsendlagers Asse, welches nun selbst vor dem Ende steht, zeigt jedoch: Der billige Atomstrom ist nur eine Mär von Politik und Lobbyverbänden. Die Kosten für die Rückholung des Atommülls aus dem maroden Bergwerk sind immer noch nicht absehbar. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, geht jedoch davon aus, die Rückholung teurer wird als das Projekt zur Schließung des Endlagers Morsleben. Dort rechnet er mit Kosten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Kosten, die zunächst der Steuerzahler tragen muss. Denn es gibt noch keine rechtliche Möglichkeit, die Energieversorger finanziell in die Pflicht zu nehmen. Diese Möglichkeit hätte von vornherein mit den Energieversorgern ausgehandelt werden müssen. "Dies ist jedoch nicht geschehen", so die lakonische Bemerkung in einem Papier des Bundesumweltministeriums über die Herkunft der radioaktiven Abfälle in der Asse und die daraus resultierenden Kosten. Ob die "moralische Verantwortung" der Stromkonzerne, von der BfS-Präsident König ausgeht, den finanziellen Schaden für die Steuerzahler begrenzen kann, steht derzeit aber in den Sternen.

Wie teuer das Endlagerexperiment in der Asse letztendlich genau sein wird, bleibt unter Umständen im Dunkeln. Denn wie die Bundesregierung gestern auf eine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion antwortete, liegen über die jährlichen Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an den ehemaligen Betreiber der Asse, die Gesellschaft für Strahlenforschung (das heutige Helmholtz Zentrum München) "vermutlich keine Aufzeichnungen aus den Jahren vor 1989" vor. Grund hierfür ist eine Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium und dem Bundesarchiv von 1996, welche eine zwanzigjährige Frist für die Aufbewahrung von Akten vorsieht.

Bekannt sind hingegen die Zuwendungen des Bundes für das Projekt "Schließung der Schachtanlage Asse" von 1993 bis 2008. Sie belaufen sich laut der Auskunft der Bundesregierung auf nahezu 317,3 Millionen Euro. Da die Finanzdaten aus der Zeit vor 1993 noch nicht elektronisch erfasst seien, sei eine Angabe zu den Kosten vor dieser Zeit noch nicht möglich. Die Akten zu dieser Zeit befänden sich derzeit noch im Bundesarchiv, würden aber derzeit angefordert und anschließend ausgewertet. Dann stelle sich auch heraus, ob zusätzlich auch noch Akten aus der Zeit vor 1989 vorhanden sind. Wann die Ergebnisse vorliegen, sei momentan noch nicht absehbar.