Wer falsch abstimmt, den bestraft der IWF

Der IWF verweigert die Auszahlung von vereinbarten Hilfsgeldern nach dem Nein beim Icesave-Referendum.

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Da hatten sich doch tatsächlich 93 % der Bevölkerung Anfang März in Island getraut, beim Referendum dagegen zu stimmen, dass mit Steuergeldern britische und niederländische Sparer entschädigt werden. Es geht dabei um fast vier Milliarden Euro aus geplatzten Konten der abgestürzten isländischen Icesave-Bank. Dabei handelte es sich um die Direktbank der verstaatlichten Landsbanki.

Nun blockiert der Internationale Währungsfonds (IWF) die Auszahlung weiterer Tranchen aus dem vereinbarten Hilfspaket in einer Höhe von 2,1 Milliarden US-Dollar. Bisher wurde nur eine Milliarde zugeteilt. Für das notwendige Review der Staatsfinanzen gebe es in der Führung des IWF keine Mehrheit, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn.

Der Fonds stellt sich hinter die Forderung aus Großbritannien und den Niederlanden, die eine Entschädigung der Sparer aus Steuergeldern der Isländer fordern. Die Untersuchung der Staatsfinanzen zu verweigern, ist eine klare politische Entscheidung, denn Island hat bisher alle wirtschaftlichen Auflagen des IWF erfüllt. Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir macht darauf aufmerksam, dass es ist "höchst ungewöhnlich ist", dass man den Icesave-Streit mit den Hilfsgeldern des IWF verbindet. Das ist also ein Beispiel dafür, warum es besser gewesen wäre, den IWF aus den Hilfsmaßnahmen für Griechenland herauszuhalten.

Dass sich die Isländer wehren, ist verständlich. Vier Milliarden Euro, die noch dazu mit 5,5 % hoch verzinst werden sollten, bedeuten für jeden Isländer Schulden in einer Höhe von 12.500 Euro. Mit einer so hohen Verzinsung würden die Schulden zudem sehr lange auf dem Land lasten. Den Haag und London ziehen alle Register, um Island dafür bluten zu lassen, dass vor allem Sparer aus ihren Ländern hohe Zinsen für ihre Guthaben auf der kleinen Insel einstreichen wollten. Die Finanzaufsichten der EU-Länder hätten aber nie geprüft, ob die isländische Bank die Einlagen überhaupt absichern kann, obwohl das nach EU-Richtlinien ihre Pflicht gewesen wäre, wird in Island kritisiert. Deren Einlagensicherung war auf die 320.000 Einwohner ausgerichtet und nicht auf Guthaben aus ganz Europa.

Der britische Finanzminister Alistair Darling hatte schon nach dem Nein beim Referendum einen Auszahlungsstopp der IWF-Gelder gefordert, die ohnehin schon seit Januar zurückgehalten werden. In einem unglaublichen Akt hatte die angeschlagene britische Regierung zuvor sogar die Anti‑Terror‑Gesetze bemüht, um sämtliches isländisches Vermögen im Vereinigten Königreich einzufrieren.

Die Lage ist für Island deshalb besonders dramatisch, da auch Finnland, Schweden, Dänemark und Norwegen dem Land mit 2,5 Milliarden beistehen sollten. Ohne den IWF will nur Norwegen, auch ohne eine Beilegung des Icesave-Konflikts, dem Nachbar weitere Hilfsgelder überweisen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch die weitere Abstufung durch die Rating-Agenturen, die ohnehin schon nach dem Referendum angedroht wurde, um so richtig Druck auf das Land zu machen. Damit würden die Anleihen Islands definitiv zur Ramschanleihe, die nur mit enormen Zinsaufschlägen abgesetzt werden könnten, was die Finanzlage des Landes zusätzlich verschlimmern würde.

Der isländische Präsident Olafur Ragnar Grimsson nannte es "peinlich", dass die nordeuropäische Schwesternationen ihre Unterstützung mit dem Icesave-Streit verbinden. Bisher hatten die den stets als "bilaterale Angelegenheit" bezeichnet. Mit einer mutigen Entscheidung hatte Grimsson den Weg für das Referendum frei gemacht. Gemäß Artikel 26 der Verfassung hatte er dem das Icesave‑Gesetz seine Unterschrift verweigert. Zuvor hatte das Parlament mit knapper Mehrheit, gegen den klaren Willen der Bevölkerung, den Entschädigungszahlungen zugestimmt. Man darf nun gespannt sein, wie sich der Druck aus London und Den Haag auf die geplante EU-Mitgliedschaft Islands auswirken wird. Beide Länder drohen damit, den geplanten EU‑Beitritt des Landes zu verhindern. Der Weg für Beitrittsgespräche ist seit Februar frei.