Alle sind dumm und Google ist schuld (II): Die Blogger

Was wissen Blogger?

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In Alle sind dumm und Google ist schuld hatte ich ja eine weitere Folge versprochen, in der darauf eingegangen werden sollte, was ein "Newbie 2.0" so alles zu lernen hätte. Es werden wohl eher mehrere werden.

Sicher war es im "Web 1.0" (was immer das ist) und in Vor-Web-Zeiten im Netz so, dass man sich mit allerlei maschinen- und protokollnahen Dingen auseinandersetzen musste. In der Diskussion des letzten Artikel klang ja schon an, dass das eher Praxiswissen war und nicht unbedingt (oder nur punktuell) das "Verständnis des Systems" vertiefte.

Wenn wir auch die Frage, was nun das Web 1.0 von 2.0 unterscheidet auf ein ander Mal verschieben müssen, Bleibt also hier zu untersuchen, welche Kompetenzen im Netz aus Weblogs, Tagging, Wikis, Lifestreams, Videos, Podcasts und anderem notwendig sind.

Beginnen wir in dieser Folge mit den Flagg-Ruderbooten des User Generated Content: Den Bloggern.

Fangen wir mit einem Randaspekt an: dem Rechtlichen. Was darf ich überhaupt in meinem Blog, in meinem Podcast, was darf ich den Wikipedia-Artikeln antun, wenn ich sie bei mir veröffentliche, was ist mit Fotos, Musik, Videobildern und wann stehe ich schon bei einem Link im Knast? Helfen umfangreiche Disclaimer, dass ich gar nichts dafür kann, Was passiert, wenn ein Link geklickt wird, oder sind das nur Pseudo-Amulette? Und was mache ich, wenn Anwaltspost eintrudelt? Weinen? Geld sammeln? Ignorieren? Aber auch umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wie wehre ich mich, wenn andre meine Inhalte benutzen? Wogegen kann ich was genau tun? Und was kostet mich das?

Natürlich steht der Inhalt im Mittelpunkt. Blogge ich privat alle vier Wochen, was mir gerade einfällt? Oder habe ich ein Thema? Ist mein Blog nur für die, die wollen, oder versuche ich echten Wert zu erzeugen? Stelle ich Inhalte nur 'zum Spaß' ins Netz oder werbe ich damit für mein Hobby, für mich als Freiberufler oder gar für meine Firma? Blogge ich täglich, wöchentlich oder monatlich mindestens ein Mal? Das Wort vom Blogger als sein eigener Chefredakteur, das Marcus Hammerschmitt 2002 auf diesen Seiten benutzte, bedeutet eben nicht nur die juristische sondern auch die 'konzeptionelle' Verantwortung für das, womit man sich der Welt so präsentiert. Die Planungskompetenz oder wahlweise die Entschlussfreudigkeit müssen dann schon gegeben sein.

Für die, die auf die eine oder andere Weise das Bloggen als Nebenjob oder Hauptbeschäftigung entdecken ergeben sich noch ganz andere Anforderungen: Wie funktioniert Monetarisierung durch Werbung? bringt Adsense was? Und wie? Was bin ich, was ist mein Blog wert an "Tausendkontaktpreis" oder Tageshonorar? Was kostet ein Gastartikel von mir anderswo oder gebe ich den aus Marketinggründen gratis weg? Bin ich abgeschrieben, wenn niemand in meinem Urlaub die Blogvertretung macht? Kann ich Google erlauben, mein wohl und Wehe zu bestimmen, indem ich verhungere, wenn die mich aus dem Index werfen? Und wie funktioniert das überhaupt mit dem Google Pagerank und sind auch noch andere Suchmaschinen wichtig? Welche Ethik verfolge ich? Eine journalistische? Oder erwähne ich jeden, der mir ein Bier zahlt oder mehr? Und wie offen bin ich, wenn ich über Arbeitgeber, Freunde oder Kunden schreibe?

Und natürlich spielen Technikfragen eine Rolle: wo blogge ich, reichen Blogger.com oder ein andere Gratishoster, was darf ich dort und was nicht, brauche ich eine eigene Domain, wie muss die heißen, welche Blog-Software nehme ich, brauche ich MySQL oder geht es auch billiger, kann mir das auch jemand installieren und was kostet das, wie schütze ich mich vor Kommentarspam und Bloghacking, wie oft muss ich meine Software anpassen, wie viele Stunden oder Minuten brauche ich am Tag zum Kommentarspam löschen, redesigne ich mein Blog alle vier Wochen oder alle vier Monate, wie mache ich Backups? derlei Fragen sind Legion und nicht umsonst sind Blogger dafür verschrien, nur über das Bloggen zu bloggen.

Jenseits der reinen Privatblogs sammelt sich bei Bloggern eine ganze Menge Wissen und Können an über Webdesign -oder eher HTML-Grundlagen- , Suchmaschinen, Marketing, Webstatistik, Monitoring, Feeds, Recherche, Rechtliches, Server, Software. Manches davon veraltet schneller als es publiziert wird, anderes taugt kaum als Basis für eine Professionalisierung und vieles besteht lediglich in unausrottbaren Gerüchten. Aber mehr Einblick in zumindest manche Funktionsweisen des Webs als Nichtblogger haben halbwegs ernsthafte Blogger allemal.

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Machen wir mal Wunschkonzert, das ist ja interaktiv hier: Worum soll sich die nächste Folge drehen: Podcaster, Wikipedianer, "googelnde Normalos", "beruflich bedingte Netzwerker" (Xing, LinkedIn und so), "Freizeitnetzwerker" (von studiVZ bis "Wer Kennt Wen"), weitere Vorschläge? (Die 'Vollgeeks' hebe ich mir eher für den Schluss auf ;) )