Gute und schlechte Nachrichten für Nachteulen

Morgenstund' hat doch kein Gold im Mund. So sollen Langschläfer leistungsfähiger sein, sich besser konzentrieren können und letztendlich auch höhere Einkommen erzielen – sie neigen allerdings zu asozialem Verhalten

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Schon länger ist bekannt, dass es in Hinsicht darauf, wie die Aktivitätsmuster auf den 24-Stunden-Tag synchronisiert werden, zwei unterschiedliche Typen von Menschen gibt. Dem Einen empfiehlt die innere Uhr, tendenziell gegen neun Uhr abends zu Bett zu gehen, während der zweite Typus erst gegen drei Uhr morgens Schlaf findet – was evolutionsbiologisch durchaus Sinn macht, da in der Zeit der Jäger und Sammler die Frühaufsteher innerhalb einer Gruppe zeitig zur Nahrungsbeschaffung aufbrechen konnten, während die Nachteulen später dafür sorgten, dass das Gehortete nicht in der Nacht geraubt wird.

Allerdings kamen die Nachteulen offenbar zuerst durch die agrarische und später noch mehr durch die industrielle Revolution ziemlich in Verruf. Auch die Bibel empfehlt, sich vor jenen zu hüten, die die Nacht zum Tage machen. Dass sich das "Morgenstund' hat Gold im Mund"-Schema jedoch zum allgemeinen Dogma entwickelt hat, dürfte in Hinsicht auf die gesamtwirtschaftliche Produktivität jedoch ein Fehler gewesen sein. So zeigte eine Studie, die unter der Leitung des Schlafforschers Philippe Peigneux von der Universität Liege in Belgien durchgeführt wurde, eine klare Überlegenheit der Nachteulen, lässt man sie nur ihrem natürlichen Schlafrhythmus ausleben. Dabei wurden zwei Gruppen unter kontrollierten Laborbedingungen untersucht, wobei die Nachteulen im Schnitt um vier Stunden später zu Bett gingen als die Frühaufsteher.

Eineinhalb Stunden nach dem Aufstehen wurden beide Gruppen mehreren Tests unterzogen, wobei beide Gruppen zuerst noch in etwa gleich gut abschnitten. Zehn Stunden nach dem Aufstehen zeigten die Nachteulen jedoch signifikant bessere Ergebnisse und waren schneller und aufmerksamer als die Frühaufsteher. Nachteulen gelten zudem als kreativer und insgesamt intelligenter, weshalb sie – zu denen etwa Adolf Hitler, Bill Clinton, Winston Churchill, Barack Obama gezählt werden – letztlich auch höhere Lebenseinkommen erzielen als Frühaufsteher.

Das alles gibt es freilich nicht umsonst, so ergab eine aktuelle Studie, dass die Nachteulen auch deutlich stärker zur sogenannten "Dunklen Triade", also zu Narzissmus, Machiavellismus und zu psychopatischen Tendenzen neigen, was wiederum evolutionsbiologisch einfach dadurch erklärt wird, dass antisoziales bzw. nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechendes Verhalten im Dunkel der Nacht besser vor der Gruppe verheimlicht werden kann.