Socken aus der Zukunft

Einer der ungewöhnlichsten Anträge zum Piraten-Bundesparteitag beschäftigt sich mit der Korrektur von "Gates"

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Ende November findet in Bochum der nächste Bundesparteitag der Piraten statt. Unter den Anträgen, welche Themen dort behandelt werden sollen, findet sich auch einer mit der Bundesparteitag_2012.2/Antragsportal/PA582: Nummer PA582. Darin wird gefordert, dass sich die politische Gruppe in ihrem Wahlprogramm "für eine intensive Erforschung von Zeitreisen" ausspricht – "mit dem Ziel, diese noch in diesem Jahrzehnt Realität werden zu lassen".

Damit soll nicht nur Menschen geholfen werden, "deren innere Lebenszeit nicht der aktuellen chrononormativen 'Wirklichkeit' entspricht", sondern auch der Partei selber. Die Antragsteller Parteitag/2012.1/Kandidaten/F0O0: Stephan Bliedung und Anatol Stefanowitsch schlagen nämlich gleichzeitig vor, ein Amt eines Beauftragten für die Korrektur unerwünschter Zeitlinien" einzurichten, der "mit einer Zeitmaschine ausgestattet in die Vergangenheit reisen kann, um dort die Anlässe für Shitstürme zu verhindern, bevor diese überhaupt entstehen".

Als konkrete Beispiele dafür nennen die beiden humorbegabten Piraten "eine Reise zum 22. April 2012, um den Berliner Abgeordenten Martin Delius vor Vergleichen des Wachstums der Piratenpartei mit dem Wachstum der NSDAP zu warnen", eine "zum 6. Mai 2012, um im Gasometer in Berlin ein Paar Socken an den damaligen politischen Geschäftsführer der Piraten, Johannes Ponader, zu übergeben" und eine "zum 17. September 2012, um die Verlagsgruppe Random House durch Einsatz einer Urheberechtspositionsmanipulationspistole […] dazu zu bringen, auf das Verschicken einer Take-Down-Notice laut DMCA bezüglich einer illegal zum Download angebotenen Kopie des Buches 'Klick-Mich' von Julia Schramm zu verzichten". Nicht genannt wird ein in der Süddeutschen Zeitung, veröffentlichter Text von Stephan Urbach, in dem der Berliner Pirat fordert, dass Twitter alles zensieren möge, was ihm nicht kultursensibel genug erscheint

Die Zeitreisetechnologie soll dem Antrag nach aber nicht nur dazu genutzt werden, um virtuelle Stuhlgewitter abzuwenden, sondern auch, um das Image der Partei zu verbessern. Eine Möglichkeit hierzu sieht man darin, "in die 42. Kalenderwoche des Jahres 2012 zu reisen und das Vorstandsmitglied Markus Barenhoff […] davon zu überzeugen, eine größere Menge Marihuana in seiner Wohnung bereit zu halten, die zwei Gramm, die tatsächlich gefunden wurden". Der Fund sorgte nämlich nach Ansicht der Antragsteller für ein "sehr positives Echo", was sich unter anderem in einer talkshowöffentlichen Marihunanakonsumnachahmung durch den FDP-Abgeordneten Martin Lindner und einer großen Bild-Zeitungs-Bildstrecke über kiffende Karrierepolitiker von Bill Clinton bis zum baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kretschmann niederschlug.