Kinder aus ärmeren Familien schon früh benachteiligt

Sie sind nach einer Studie mehr Stress ausgesetzt, weil die Zuwendung der Eltern geringer ist, das beeinträchtigt die kognitiven Funktionen und später die schulischen Leistungen

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Kinder aus den ärmeren Schichten haben schon einen Nachteil, wenn sie in die Schule kommen. Nach einer Studie von Wissenschaftlern der Pennsylvania State University, der New York University und der University of North Carolina at Chapel Hill, die in der Zeitschrift Child Development erschienen ist, sind die schulischen Leistungen von Anfang schwächer als die von Kindern aus wohlhabenderen Schichten. Ursache sei, dass die Unterschichtkinder mehr frühkindlichem Stress ausgesetzt sind, der nach vielen Studien zahlreiche kognitive Funktionen und Gehirnareale beeinträchtigt.

Die Wissenschaftler haben die Lebensumstände von fast 1.300 Kindern meist aus Familien mit niedrigem Einkommen betrachtet. Dabei wurde die Wohnumgebung wie Lärm und Sicherheit berücksichtigt oder die Qualität der elterlichen Fürsorge, also etwa wie einfühlsam, aufdringlich oder distanziert sich die Mütter gegenüber ihren Kindern zeigen. Dazu wurden die Familien besucht und die Interaktion zwischen Eltern/Müttern und Kindern beobachtet. Knapp mehr als die Hälfte der Kinder wuchsen bei ihren alleinerziehenden Müttern auf. Zudem wurde in der Langzeitstudie das Stresshormon Kortisol im Speichel im Alter von 7, 15 und 24 Monaten gemessen.

Als die Kinder 3 Jahre alt waren, wurden sie einigen Tests zur Erfassung ihrer exekutiven Funktionen in der Kognition unterzogen und ihr IQ gemessen. Als exekutive Funktionen werden beispielsweise höhere kognitive Leistungen etwa zur Verhaltenssteuerung, zur Anpassung an neue Umgebungen oder zur Verarbeitung neuer Informationen verstanden. Die Wissenschaftler gingen davon aus, dass sich die exekutiven Funktionen schnell in der frühen Kindheit entwickeln und zu dieser Zeit auch stark beeinträchtigt werden können. Zudem sei bekannt, dass sich Stress auf ihre Entwicklung negativ auswirkt.

Nach der Auswertung der Daten wurde bestätigt, dass Kinder aus einkommensärmeren Schichten weniger Zuwendung von ihren Eltern erfahren und in den ersten beiden Jahren deswegen höhere Kortisonwerte haben als Kinder, die in besser gestellten Familien aufwachsen. Kinder von Schwarzen hatten zudem höhere Kortisonwerte als weiße Kinder. Und die Studie bestätigte auch den Zusammenhang, dass höhere Kortisonwerte mit einer geringeren Leistung der exekutiven Funktionen und einem niedrigeren IQ verbunden sind. Bei einer höheren Zuwendung zu den Kindern sind der Stress und damit der Kortisonwert niedriger, während die exekutiven Funktionen besser entwickelt sind und der IQ höher ist. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass Kinder, die in Armut aufwachsen und deswegen in der Regel mehr Stress ausgesetzt sind, auch mehr Probleme mit der Erbringung schulischer Leistungen haben, die die Entwicklung exekutiver Funktionen voraussetzen.