Bußgeld-Fonds für Burka-Trägerinnen

Ein französischer Geschäftsmann will eine Million Euro sammeln, damit aus dieser Gemeinschaftskasse Strafen bezahlt werden, die Burkaträgerinnen auferlegt werden

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Rachid Nekkaz ist eine schillernde Figur in der politischen Szene Frankreichs. Der Geschäftsmann ist Sohn algerischer Einwanderer, das neunte Kind von zwölf, geboren in Val-de-Marne, einem urbanen Departement im Großraum von Paris, das geprägt ist von genau jenen Wohnbauten-Clustern und Zubringern, die das Leben der Vorstädte charakterisieren. Im letzten Präsidentschaftswahlkampf versuchte sich Nekkaz als Kandidat, scheiterte aber an der fehlenden Zahl von Unterstützern in politischen Ämtern.

Seither hat er eine Partei gegründet, die zunächst seinen eigenen Namen trug und später in sozial-demokratische Vereinigung - "Rassemblement social-démocrate" - umbenannt wurde. Nekkaz' politische Sympathie gilt den ärmeren Schichten, besonders den Bewohnern der Banlieues, über deren Schwierigkeiten er ein Buch verfasst hat. Aktionen und Ideen des Geschäftsmannes sorgten bereits früher für einige Aufmerksamkeit. So etwa als er 2008 einen städtischen Gemeinschaftsfonds für Geringverdiener gründen wollte, um deren Kaufkraft mit moantlichen Gutscheinen im Wert von 300 Euro zu stärken

Nun macht Nekkaz Schlagzeilen in Großbritannien, den Vereinigten Emiraten, in Saudi-Arabien und natürlich in Frankreich, weil Nekkaz wieder einen Gemeinschaftsfond lanciert hat.

Seine Idee: Bis zum September will er mit der Organisation "Berühre nicht meine Verfassung" - im Orginal "Touche pas à Ma Constitution" (eine Anspielung auf den berühmten antirassistischen Slogan "Touche pas à mon pote") - eine Million Euro sammeln, damit Frauen davon Bußgeld bezahlen können, das sie für das Tragen der Burka bezahlen müssen. Mindestens 200 000 Euro sollen sich schon in der Kasse befinden. Die Ehemänner der Burka-Trägerinnen, denen ja ebenfalls Bestrafung droht, sollen übrigens kein Geld aus diesem Fond bekommen.

Um die Million bis September zu schaffen, hat Nekkaz nach eigenen Angaben Immobilien in der Pariser Banlieue verkauft, deren Eigentümer er ist. Von privater Seite hat er 36 000 Euro sammeln können, verriet er kürzlich dem Figaro. Da war die Aufmerksamkeit für sein Projekt aber erst am Wachsen und das Anti-Burka-Gesetz vom Parlament noch nicht beschlossen. Seit vorgestern hat sich dies geändert.

Zwar sei auch er für ein Verbot der Vollverschleierung in öffentlichen Institutionen (Ämter, Schulen, Gerichtsgebäude etc.), aber dass die Totalgesichtsverhüllung auch auf öffentlichen Plätzen und Straßen verboten werden soll, hält er für verfassungswidrig. Sein Einsatz gelte der "Delinquenz des Präsidenten". Dass die Regierung - entgegen der Auffassung des Staatsrates ( Generelles Burka-Verbot ohne festes juristisches Fundament) - versuche, "unrechtmäßige Prinzipien durchzusetzen". In der Demokratie sei die Freiheit heilig. Nach der Burka wolle man vielleicht die Kippa verbieten oder man stigmatisiere die Homosexuellen, so Nekkaz.

Seine Kampagne für mehr Verfassung und weniger Verbote hat Nekkaz aktuell weiter zugespitzt. Gestern schlug Touche Pas à Ma Constitution dem Verfassungsrat eine Spende von 100 000 Euro für einen notwendigen rechtlichen Grundkurs aller Senatoren vor. Zwei Tage lang sollen die Senatoren kostenlos über elementare Verfassungsgrundsätze lernen, was ihre "verfassungsrechtlich inkompetenten Kollegen" aus dem anderen Parlament (Assemblée National) am Montag offensichtlich nicht wussten.