An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen

Princeton University erlässt Open Access Policy

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Der Erlass einer Open Access Policy durch die Princeton University ruft Gefühlsregungen hervor, die von nüchterner Skepsis bis hin zu Euphorie reichen. Dr. Harald Müller vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht wähnt die Universitätswelt, vielleicht wegen der zeitlichen Nähe zum dritten Oktober, gar in revolutionärer Stimmung und mancher fragt süffisant, ob denn nun alle Forscher, die sich Open Access Mandaten bislang unter Berufung auf ihre wissenschaftlichen und publizistischen Freiheiten verweigerten, mit den Füßen abstimmen und Princeton verlassen.

Die Princeton University untersagt ihren Wissenschaftlern, das exklusive Copyright (im deutschen Rechtsraum müsste analog von den ausschließlichen Nutzungsrechten die Rede sein) an einem Text im Zuge dessen Publikation an einen Verlag zu übertragen. Soweit so gut und soweit auch sehr viel besser, als das, was andere Universitäten tun.

An ihren Taten werdet Ihr sie erkennen - das gilt für die Wissenschaftler, von denen nun abzuwarten ist, ob und wie sie die Policy akzeptieren. Und es gilt für Universität, die diese Policy ersonnen hat: Wie wird sie reagieren, wenn Wissenschaftler in Opposition zur Policy gehen? Wird sie nachgeben und die Policy kippen oder wird sie (was im Falle eines Einknickens wahrscheinlicher, weil schwieriger nachweisbar wäre) Ausnahmen, im Englischen waivers, en masse akzeptieren?

Was aber verlangt die Policy den Wissenschaftlern eigentlich genau ab? Auch wenn die Einlassungen zum Thema Embargo nicht ganz deutlich sind, scheint es für Princeton nicht ausgeschlossen, dass Publikationen erst nach Ablauf einer Frist Open Access gestellt werden. Über Universitäten heißt es: "They can use a university open-access policy of this kind (even with waivers) to lean on the journals to adjust their standard contracts so that waivers are not required, or with a limited waiver that simply delays open-access for a few months.”

Zumindest scheinen Embargo-Regelungenn also den Prinzipien der Princeton University nicht völlig zu widersprechen. Mit Hilfsmitteln wie der SherpaRomeo-Liste, die Wissenschaftlern zahlreiche Informationen über Open Access Policies wissenschaftlicher Verlage bereitstellt, wird sich bestenfalls ein Publisher finden, dessen Open Access Regelungen zu denen der Universität passen und wenn nicht - man kann ja Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen. Dies sieht die am 19. September vom Faculty Advisory Committee für die Universität als verbindlich angenommene folgende Empfehlung ausdrücklich vor: "We recommend a revision to the Rules and Procedures of the Faculty that will give the University a nonexclusive right to make available copies of scholarly articles written by its faculty, unless a professor specifically requests a waiver for particular articles."

Dass Wissenschaftler Princeton in Scharen verlassen, ist kaum zu erwarten: Zu exklusiv der Arbeitgeber, zu groß die Publikationsanstrengungen (meist wohl in Nicht-Open-Access-Journalen), um eine Stelle an dieser Universität zu ergattern, und zu vielfältig die Möglichkeiten, sich mit der Policy zu arrangieren.

Dennoch sollte man die Initiative der Princeton University keinesfalls kleinreden. Sicher bestehen dort andere Kräfteverhältnisse als an einer kleinen deutschen Universität, deren Wissenschaftler sich vom bescheidenen Glanz ihrer Institution nicht beeindrucken lassen und eher gegen deren Vorgaben opponieren. Das Verdienst der Princeton Policy und ähnlicher Aktivitäten liegt in der Öffentlichkeit, die sie für Open Access herstellen und den Diskussionen, die sie anstoßen. Diskussionen, an deren Ende die Erkenntnis stehen kann, dass Open Access unter Verwendung von Vertragsaddenda, die den globalen Übertrag von Rechten an Verlage verhindern, Ausschöpfung der Spielräume der RomeoSherpa-Liste oder der Möglichkeit, wissenschaftliche Artikel nach Ablauf von Embargofristen Open Access zu stellen, vorangetrieben werden kann, ohne Wissenschaftler zum Spielball eines Konflikts zwischen Verlags- und Institutionsinteressen zu machen.

Im Idealfall aber würde bei den Verlagen der bereits erwähnte Denkprozess ausgelöst: "To lean on the journals to adjust their standard contracts so that waivers are not required, or with a limited waiver that simply delays open-access for a few months." Die Initiierung eines solchen Prozess könnte am ehesten durch Open Access Policies renommierter Einrichtungen à la Princeton University gelingen.