FARC-Verdacht: Venezuela liefert Journalisten nach Kolumbien aus

Gebürtiger Kolumbianer hatte von Schweden aus ein Internetportal betrieben. Präsident Santos wirft ihm "Propaganda" vor

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Zwei Wochen nach einen Treffen der Präsidenten von Venezuela und Kolumbien, Hugo Chávez und Juan Manuel Santos, haben venezolanische Behörden auf dem internationalen Simón-Bolívar-Flughafen nahe Caracas einen Journalisten festgenommen und nach Bogota ausgeliefert, der von den kolumbianischen Behörden wegen einer mutmaßlichen Mitgliedschaft zu der Guerillaorganisation FARC gesucht wird. Joaquín Pérez Becerra alias Alberto Martínez hatte seit Jahren von Schweden aus das Nachrichtenportal Anncol betrieben, das über gute Kontakte zu der Organisation verfügt. Der gebürtige Kolumbianer genoss in Schweden als politisch Verfolgter Asyl und hatte Medienberichten zufolge einen schwedischen Pass.

Nach Angaben der spanischen Nachrichtenagentur EFE hatte Santos seinen venezolanischen Amtskollegen am Samstag telefonisch um die Festnahme von Pérez Becerra gebeten. Der Gesuchte befinde sich in einem Flugzeug aus Frankfurt am Main nach Caracas, so Santos, der sich nach der Festnahme bei der venezolanischen Regierung bedankte. Inhaftierung und angekündigte Ausweisung Pérez Becerras nach Kolumbien zeigten, "dass sich die Zusammenarbeit (mit Venezuela) verbessert".

Das Innen- und Justizministerium Venezuealas bekräftigten in einem Kommuniqué die Verpflichtung der Chávez-Regierung "zum Kampf gegen Terrorismus, Kriminalität und organisiertes Verbrechen, in strikter Übereinstimmung mit den Verpflichtungen und der internationalen Zusammenarbeit sowie unter Wahrung der Prinzipien von Frieden, Solidarität und dem Respekt vor Menschenrechten".

Unklarheit herrschte zunächst über die Vorwürfe gegen den Journalisten Pérez Becerra. Nach EFE wirft ihm Santos seine journalistische Arbeit als Direktor des Portals Anncol vor: "Er war während vieler Jahre für all diese schlimme Propaganda der FARC in Kolumbien und Europa verantwortlich", zitiert die Agentur den kolumbianischen Staatschef. Das venezolanische Außenministerium beruft sich indes auf einen Haftbefehl der internationalen Polizeiorganisation Interpol wegen "Vorbereitung von Verbrechen, Finanzierung von Terrorismus und der Verwaltung von Geldmitteln für terroristische Aktivitäten". Diese Angaben tauchen in der - allerdings nicht vollständigen - Online-Fahndungsliste der Interpol jedoch nicht auf.

Die Stichhaltigkeit der Vorwürfe wird von Kritikern der Santos-Regierung hinterfragt. Politische Gruppen und Medien in Venezuela und Europa protestierten am Montag gegen die Festnahme. So stellte das spanische Webportal "Kaos en la Red" die Existenz eines Interpol-Haftbefehls in Frage. Wie könne es in diesem Fall sein, heißt es auf der Seite, dass Pérez Becerra von Schweden über Frankfurt nach Caracas reisen konnte, ohne beim Umsteigen bereits festgenommen worden zu sein.

Radio Café Stereo beklagte die Festnahme von Pérez Becerras "während eines journalistischen Einsatzes". Nach Angaben der Seite Kaos en la Red versuchen schwedische Behörden, eine Auslieferung des Inhaftierten nach Kolumbien zu verhindern.