Griechenland vor der Pleite

Der IWF droht, dem Land kein Geld mehr zu geben

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Erst kürzlich hatte Athen gemahnt, Griechenland drohe im Sommer die Pleite, wenn keine Hilfsgelder mehr ausgezahlt werden. Damit versuchte die Regierung, stärkeren Druck aufzubauen, die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem speziellen Nothilfefonds mit 110 Milliarden Euro vorzunehmen. Die versprochenen zwölf Milliarden braucht das Land dringend, sonst kann es demnächst weder die Löhne der Staatsbediensteten noch die Renten bezahlen. "Wenn das Geld bis Ende Juli nicht kommt, dann müssen wir die Rollläden runtermachen", sagte Finanzminister Giorgos Papaconstantinou im griechischen Fernsehsender Skai.

Die "Troika" aus Internationalen Währungsfonds IWF, Europäische Union und die Europäische Zentralbank (EZB) haben die Auszahlung der nächsten Tranche genutzt, um den Druck auf das Land zu erhöhen, die Sparprogramme zu verschärfen und die Privatisierung voranzutreiben. Die Regierung hat derweil den großen Ausverkauf angekündigt, um über das Tafelsilber die Schuldenlast kurzzeitig zu drücken. Griechenlands will über Privatisierungen 50 Milliarden Euro einnehmen. Einige Beobachter haben die Beschlüsse des Kabinetts als vorgezogenen Sommerschlussverkauf bezeichnet. Auf der Liste stehen die restlichen Beteiligungen der Telefongesellschaft OTE, die Postbank, die zwei größten Häfen in Thessaloniki und Piräus, die Wassergesellschaft, Staatsimmobilien, das Gaswerk DEPA, ein Erdgasvorkommen im Meer, die Staatslotterie, Flughäfen, … ja sogar die Waffenindustrie soll verscherbelt werden.

Trotz allem reicht das der Troika offenbar noch nicht aus. Der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, hat die Auszahlung der nächsten IWF-Tranche in Zweifel gestellt, die Ende Juni erfolgen müsste, um das Land vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren. Juncker bezog sich darauf, dass der IWF offenbar die Auflagen für die Auszahlung als nicht als erfüllt ansehe. IWF und Eurogruppe spielen sich nun den Ball gegenseitig zu. So erklärte der IWF, man könne dem hoch verschuldeten Land kein Geld mehr leihen, wenn es von den anderen Euro-Staaten keine weiteren Finanzgarantien gebe. Der IWF spielt damit auf den erhöhten Finanzbedarf des Landes an, das über dessen Rosskur tief in die Rezession gespart wurde, womit höhere Sozialkosten und Steuerausfälle verbunden sind. Der IWF will seinen Anteil an der Nothilfe aber nur auszahlen, wenn für mindestens zwölf Monate die Refinanzierungsgarantie gegeben sei. Insgesamt braucht Griechenland wohl erneut 60 Milliarden Euro bis 2013.

Offenbar hat man auch beim IWF Angst davor, dass der nötige Schuldenschnitt schon vorbereitet wird und damit auch das Geld der IWF-Mitgliedsländer von einer Umschuldung betroffen sein könnte. "Wir leihen nie Geld, solange wir nicht sicher sind, dass es keine Lücke geben wird", sagte die Sprecherin. "Damit schützen wir das Geld unserer Mitglieder", zitiert Reuters eine IWF-Sprecherin.

Jetzt ist die Frage, ob Europa nun auch für die nötigen 12 Milliarden Euro einspringt, die eigentlich vom IWF kommen sollten. Doch auch daran hat Juncker seine Zweifel, weil die Widerstände gegen immer neue Griechenland-Hilfszahlungen wachsen. Die Niederlande haben schon ihr Nein angekündigt. Juncker zweifelt auch, ob die Parlamente in Deutschland, Finnland und andere Ländern neuen Hilfsgeldern zustimmen. Wäre das nicht der Fall, würde Griechenland alsbald zahlungsunfähig und die unabwendbare Umschuldung käme, anders als Berlin versucht, schon vor 2013 auf die Tagesordnung.