Klimaverhandlungen: Altmaier hat Wichtigeres zu tun

Verhandlungen gehen in die letzte Runde, doch der deutsche Umweltminister reist erst mit Verspätung an. Inselstaaten fordern Entschädigung für die Folgen des Klimawandels

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Die UN-Klimakonferenz in Katars Hauptstadt Doha geht in die entscheidende Runde. Derzeit tagt dort eine Ministerrunde, in der aber bisher der deutsche Umweltminister Peter Altmaier fehlt. Altmaier reist erst am morgigen Donnerstag, kurz vor Schluss der Konferenz, an. Immerhin hat aber seine Verhandlungsleiterin endlich ein wenig Geld auf den Tisch gelegt. 1,8 Milliarden Euro will Deutschland für den Klimaschutzfonds zur Verfügung stellen, berichten die Beobachter des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Das könnte vielleicht ein bisschen Bewegung ins Spiel bringen, wenn andere Industriestaaten nachziehen. Denn an der extremen Unterfinanzierung des Fonds haben die Verhandlungen zuletzt mächtig gehakt. Allerdings sind 1,8 Milliarden Euro gestreckt auf mehrere Jahre auch nicht gerade der große Sprung nach vorn. Knapp 80 Milliarden Euro werden jährlich benötigt, um in den Entwicklungsländern die bereits eingetretenen Folgen des Klimawandels zu beheben und ihnen bei der Anpassung an das zu helfen, was noch kommen mag. Davon abgesehen werden die Forderungen der Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) nach Kompensation für Landverluste durch den steigenden Meeresspiegel lauter.

"Die internationalen Klimaschutzverhandlungen haben sich lange auf die Punkte Vermeidung und Anpassung konzentriert", schreibt Malia Talakai, stellvertretende Verhandlungsführerin der AOSIS in Doha. "Aber was passiert, wenn Vermeidung und Anpassung nicht ausreichen? Die jüngste Welle von Dürren, Überschwemmungen und Hungersnöten lassen uns nicht nur erahnen, was die Zukunft uns bringen könnte. Sie unterstreicht auch, dass der Klimawandel für Länder, die nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um sich auf Umweltkatastrophen vorzubereiten, besonders verheerend ist."

Mahnungen, wie sie ähnlich schon seit 1995 von den Diplomaten der AOSIS immer wieder vorgetragen werden. Doch vermutlich werden sie auch in diesem Jahr ohne Wirkung bleiben. Die USA auf der einen und die großen Schwellenländer auf der anderen Seite blockieren einander weiter gegenseitig und die EU macht den Bettvorleger. 20 Prozent Reduktion bis 2020 verspricht sie, soll heißen, mehr oder weniger den Stillstand auf dem bisher erreichten Niveau. Altmaier wollte vorpreschen, 30 Prozent auch gegen den Willen der polnischen Delegation durchsetzen, wurde aber vom Wirtschaftsminister zurückgepfiffen. Der setzt weiter ganz auf Kohle, und die vermeintliche Klimakanzlerin lässt ihn gewähren.

Hierzulande zählt halt vor allem "Wettbewerbsfähigkeit", soll heißen, der Gewinn hiesiger Unternehmen. Was das andernorts anrichtet, interessiert weder wenn es um Euro-Krise noch um den Klimawandel geht. Zum Kontrast dazu hier sechs Prinzipien, für die langfristige Zusammenarbeit auf der Basis der Klimarahmenkonvention, die die AOSIS bereits 2007 vorgeschlagen hat:

  • Under international law, States have the responsibility to ensure that activities within their jurisdiction or control do not cause damage to the environment of other States or of areas beyond the limits of national jurisdiction.
  • In keeping with Article 3 of the Convention, precautionary measures must be taken to anticipate, prevent and minimize the causes of climate change and mitigate its adverse effects, and the climate system must be protected for present and future generations.
  • Activities that enhance implementation of the Convention must be designed to protect the most vulnerable Parties to the UNFCCC, both in the short and in the long term. Hence the level of ambition for future emission reductions under the Convention must use the avoidance of climate change impacts on small island developing States as one of its key benchmarks for effectiveness.
  • Actions taken under the Convention must be urgent, practical and ambitious.
  • The polluter pays principle and the principle of common but differentiated responsibilities and respective capabilities must be used to determine the obligations of different Parties and groups of Parties.
  • Any new framework must be developed within the United Nations framework and must build upon and extend the Kyoto Protocol, rather than replace it.

Eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, aber die Industriestaaten, einschließlich Deutschland, wehren sich mit Händen und Füßen, ihre Verantwortung anzuerkennen.