Die Wirtschaft in Europa wächst (noch)

Während die Wirtschaftsleistung um 0,8% gestiegen ist, brachen die Exporte der Lokomotive Deutschland im April ein

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Noch kann die europäische Statistikbehörde positiv vermelden, dass die Wirtschaftsleistung im Euroraum und in Europa im ersten Quartal um 0,8% gegenüber dem Vorquartal gewachsen ist. Im vierten Quartal 2010 hätten die Wachstumsraten +0,3% im Euroraum und +0,2% in der EU27 betragen. "Im Vergleich zum ersten Quartal 2010 ist das saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) sowohl im Euroraum als auch in der EU27 um 2,5% gewachsen, nach +1,9% und +2,1% im Vorquartal."

Nachdem man Griechenland und Portugal über die Sparmaßnahmen tief in die Rezession gedrückt hat, fehlen erstaunlicherweise noch immer Daten aus dem dritten Euro-Pleiteland. Nach einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im vierten Quartal um 1,6% gibt es auch bei der zweiten Schätzung noch immer keine Angabe zu Irland. Ist die Wirtschaftsleistung erneut geschrumpft, wäre Irland zurück in der Rezession und könnte die positive Aussage von Eurostat negativ beeinflussen. Denn für Erstaunen sorgen nun die Daten aus Dänemark, die ebenfalls am 13. Mai noch fehlten. Auch Dänemark ist zurück in der Rezession. Nach -0,4% im vierten Quartal 2010 ist die Wirtschaft im ersten Quartal 2011 sogar um 0,5% geschrumpft.

Das gibt schon einen Hinweis darauf, dass weiterhin große strukturelle Probleme vorliegen. Ein Blick nach Japan zeigt, dass die drittgrößte Ökonomie der Welt ebenfalls schon ohne Erdbeben, Tsunami und Super-Gaus in die Rezession abgerutscht war. Zum trüber werdendem Bild der Weltwirtschaft kommen auch die schwachen Konjunkturdaten aus den USA. Denn in den Vereinigten Staaten wuchs das BIP im ersten Quartal nur noch um 0,5%. Im vierten Quartal 2010 waren es noch 0,8%. Das Land bewegt sich wegen der neuen Sparpolitik nun ebenfalls auf den erwarteten Double-Dip zu, weshalb es letzte Woche mit schlechten Daten vom Arbeitsmarkt schockiert hatte, als die Arbeitslosenquote wieder um 0,1 Punkte auf 9,1% stieg.

Da wichtige Exportmärkte Deutschlands schwächeln, kann eigentlich nicht verwundern, wenn auch der Motor der bisherigen EU-Wachstumslokomotive zu stottern beginnt. Nach dem schwungvollen Start im ersten Quartal weist das Statistische Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden auf eine deutliche Abschwächung hin und deshalb dürfte es aus dem erhofften Aufschwung XXL wohl nichts werden. Destatis hat heute mitgeteilt, dass die deutschen Exporte im April so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr gesunken sind. Im Vergleich zum März wurde Kalender- und saisonbereinigt gegenüber März 2011 ein Rückgang von 5,5% registriert und auch die Einfuhren haben sich um 2,5% verringert. Der Rückgang der Exporte fiel deutlich höher aus, als Experten mit 3% erwartet hatten. "Es ist der stärkste Rückgang seit Januar 2009 mit 6,5%", schreibt Destatis.

Statt eines selbstragenden Aufschwung, den es ohnehin bisher nicht gegeben hat, dürfte wohl eher bald wieder Stagnation einkehren. Das zumindest erwartet der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz. Mit seinem Kollegen Paul Krugman geht er ohnehin davon aus, dass "Verrückte an der Macht" sind. Sie halten es für eine "große Dummheit", die Staatsausgaben in Europa und den USA angesichts der labilen Lage herunterzufahren.

Stiglitz erklärte beim Besuch in Spanien letzte Woche: "Die Sparstrategie verurteilt Europa und die USA zur Stagnation." Er wies deutlich darauf hin, dass die "Rezession nicht die Folge eines hohen Defizits war", sondern die stark steigenden Defizite Ergebnis der Rezession gewesen seien. So merkte Stiglitz an, dass Spanien vor der Finanz- und Wirtschaftskrise eines der Länder war, das seine Verschuldung durch Haushaltsüberschüsse sogar abbauen konnte. Noch heute ist deshalb das Land deutlich niedriger verschuldet als Deutschland oder Frankreich.. Es muss aber erwartet werden, dass auch Spanien mit den harten Sparprogrammen zurück in die Rezession und damit unter den Rettungsschirm getrieben wird. Stiglitz machte deutlich, dass nicht eine falsche Geldpolitik in die Krise geführt habe. Er sieht die enorme Verschuldung der Banken als Ursache - und letztlich handele es sich bei der Nothilfe für Griechenland, Irland und Portugal nur um eine neue Variante der Bankenrettung, meint der Wirtschaftsnobelpreisträger.