Atomaufsichtsbehörden sehen Sicherheitsdefizite bei neuen Druckwasserreaktoren

Französische, britische und finnische Atomaufsicht kritisieren Steuerungssysteme

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Die Druckwasserreaktoren (EPR) geraten erneut in Kritik. Die Aufsichtsbehörden von Frankreich (ASN), Großbritannien (HSE/ND) und Finnland (STUK) bemängeln in einer gemeinsamen Erklärung die Sicherheitskonzeption der Druckwassereaktoren der dritten Generation. Kritisiert wird insbesondere die "komplexe Architektur" der Steuerungssoftware, die den täglichen Betrieb regelt und das Abschalten im Notfall.

Laut Informationen franzöischer Medien beunruhigt die Behörden die "zu starke Vernetzung" zwischen zwei Steuerungssystemen. Das System, das die Arbeit des Reaktors regelt und dasjenige, das für die Sicherheit verantwortlich ist, sollten unabhängiger, als dies jetzt der Fall sei, voneinander arbeiten können; es müsse gewährleistet sein, mahnen die Aufsichtsbehörden, dass das Sicherheitssystem beim Ausfall des Kontrollsystems auch funktioniere, dass nicht beide Systeme zur selben Zeit ausfallen können.

Der französische Sromversorger EDF wird in der gemeinsamen Erklärung und in einem gesonderten Schreiben der französischen Aufsichtsbehörde ASN dazu aufgefordert, "unterschiedliche Sicherheitskonzepte" zu überprüfen, da die "Gewissheit, aufgrund der aktuellen Konfiguration letzlich eine zufriedenstellende Sicherheit zu gewährleisten, nicht erreicht wird". Dies wird von manchen als Aufforderung an die EDV verstanden, einen neuen "Plan B" zu entwickeln; angeblich soll Areva bis Juni 2010 eine weiterentwickelte Steuerungssoftware vorstellen. Neue Sicherheitskonzepte sollen schon bis Ende dieses Jahres präsentiert werden, fordert der Brief der französischen Aufsichtbehörde ASN.

Der Atomkonzern gibt sich in ersten Stellungnahmen gelassen: Die zusätzliche Arbeit habe keinerlei Konsequenzen für die laufenden Baustellen. Man habe genug Zeit, auf die Anfragen einzugehen; es handele sich nur um einen typischen Validierungsprozess für solche Projekte, der in klassischen Etappen verlangt werde, wiegelt ein Areva-Sprecher gegenüber der Zeitung Les Echos ab.

Dennoch dürften auch die aktuellen Kritikpunkte am Konzern-Image nagen; die von Srakozy beschworene "nukleare Renaissance" stottert seit einiger Zeit: Der erste Atomreaktor der neuen Generation der Druckwasserreaktoren, der von Areva seit 2004 in Olkiluto an der finnischen Westküste gebaut wird, erweist sich immer weiter als Pannenreaktor, der Milliarden verschlingt. Auch beim zweiten Reaktor, der seit 2007 in Flamanville errichtet wird, häufen sich Probleme und Verzögerungen.

Bei dem finnischen Olkiluoto 3 (OL3) ist weiterhin ungewiss, wann er überhaupt fertig gestellt sein könnte. Ursprünglich war der Start für 2009 vorgesehen, dann wurde er auf 2011 verschoben, schließlich auf 2012. Zuletzt hieß es, dass der Bau bis zur Fertigstellung 10 Jahren dauern könnte.

Bei der technischen Ausrüstung der EPR-Reaktoren spielt Siemens eine entscheidende Rolle