Hartz IV-Verhandlungen sind endgültig gescheitert

Ein Jahr nach dem Urteil des Verfassungsgerichts ist unklar, wann es zu einer Nachbesserung des Regelsatzes kommt

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Die Hartz IV-Verhandlungen zwischen Vertretern von Union, FDP, SPD und Grünen in der vergangenen Nacht standen von Anfang an unter keinem guten Stern. Die Linke ist an den Verhandlungen nicht beteiligt. Schon im Vorfeld hatten sich die Positionen in allen Parteien verhärtet. So verkündete beispielsweise der FDP-Generalsekretär Christian Lindner vor dem Treffen, dass sich beim Regelsatz "nichts bewegen" werde. Dabei gehört die Erhöhung derselben um 11 statt der von der Regierung veranschlagten 5 Euro ganz oben auf der Liste der Verhandlungsziele der Sozialdemokraten.

Diese wollen die Berechnungsgrundlage der Regelsätze ändern. Während die Koalition die Referenzgruppe, anhand derer die Sätze errechnet werden, auf die untersten 15 Prozent der Einkommen beschränkt hatte, will die SPD weiterhin mit den untersten 20 Prozent rechnen. Doch auch die Sozialdemokraten sorgen sich offenbar um den zu hohen Anstieg der Regelsätze durch diesen Vorschlag, weshalb sie den im Regelsatz enthaltenen Posten für Mobilität um 16 Euro kürzen möchten. So kann, kalkuliert die SPD offenbar, nach außen eine harte Verhandlungsposition vermittelt werden, was besonders vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen für die angeschlagene Partei wichtig ist. Gleichzeitig enthält der SPD-Vorstoß aber ein verstecktes Angebot an Union und FDP, um diesen die Zustimmung zu erleichtern.

Die Rechnung allerdings ging nicht auf, nach Mitternacht wurden die Verhandlungen von der Regierungsseite abgebrochen. Beide Seiten versuchten dabei zu betonen, dass die jeweils andere die alleinige Schuld daran trägt. Die SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig erklärte, Union und FDP hätten den Auftrag der Kanzlerin erhalten, die Verhandlungen scheitern zu lassen. Auf Nachfragen der Opposition zu Detailfragen hätte die Regierungsseite nicht geantwortet. "Frau Merkel ist eine eiskalte Machtpolitikerin. Ihr geht es nicht um die Kinder und auch nicht um die Betroffenen. Ihr geht es darum, Ruhe in der Koalition zu haben", sagte Schwesig.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verkündete, die Schwerpunkte müssten auf die Armutsbekämpfung durch Arbeit gelegt werden. Die Ministerin plant nun, den Kompromissvorschlag der Regierungsseite morgen im Vermittlungsausschuss zur Abstimmung zu stellen. Diese Hürde wird er leicht nehmen, denn dort hat die Regierungsseite die Mehrheit.

Ob der Vorschlag auch am kommenden Freitag den Bundesrat passieren wird, ist dagegen noch offen: mindestens ein Land muss Schwarz-Gelb auf seine Seite ziehen. Von der Leyen ist zuversichtlich, dass dies gelingen kann. Sie habe absolute Sicherheit, dass alle unionsregierten Länder zustimmen werden, so die Ministerin direkt nach dem Abbruch der Verhandlungen. Ob das Saarland oder Sachsen-Anhalt tatsächlich umschwenken und der Reform doch noch zustimmen, kann derzeit nicht mit Sicherheit gesagt werden. Auch die SPD will laut Schwesig ihren Vorschlag am Freitag im Bundesrat abstimmen lassen.