Medienzensur in der Türkei

Fernsehsender wurden bestraft, weil sie Livebilder von den Gezi-Park-Protesten gesendet hatten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Oberste Rat für Rundfunk und Fernsehen hat Sender wie Halk TV, Ulusal TV oder Cem ZV mit einer Geldstrafe belegt, weil sie Livebilder von den Protesten und damit auch von den mit großer Härte vorgehenden Polizisten gesendet hatten. Als Grund für die Strafe und die Zensur wird der Kinder- und Jugendschutz angeführt. Die Bilder würden "der körperlichen, moralischen und geistigen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen" schaden. Besonders hart ist die Geldstrafe von 1000 Euro nicht, aber sie dient dem Zweck, die Berichterstattung zu zensieren.

Im Gegensatz zu den großen Sendern, die staatstragend nicht oder kaum über die Proteste berichten, hatten die kleinen Sender ein Livestreaming geschaltet, das besonders bei Halk TV großen Zuspruch gefunden hat. Man darf nun raten, was die Kinder und Jugendlichen nach der Behörde beim Betrachten der Bilder Schaden zufügen soll: der Anblick der martialisch auftretenden Polizisten, die mit Tränengas und Gummigeschossen, mit Knüppeln und Gewalt gegen die meist jungen Menschen losgehen, um Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu unterdrücken, oder der Anblick der bunten Schar der jungen Menschen, die meist friedlich gegen die Regierung und vor allem gegen den autoritären Regierungschef Erdogan protestieren? Gefährdet womöglich schon der Anblick von Protesten gegen die AKP-Regierung die Kinder und Jugendlichen, wie sie die Regierung gerne haben möchte? Fleißig und fromm das Wirtschaftswachstum befördern, aber politisch ein Volk von Untertanen?