Spanien: Schließung der Baskischen Tageszeitung war verfassungswidrig

Der Nationale Gerichtshof urteilte, dass weder eine Verbindung der Zeitung Euskaldunon Egunkaria zur ETA noch irgendeine kriminelle Handlung festgestellt werden konnte

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Es hätte nie zur Schließung der Euskaldunon Egunkaria (Baskische Tageszeitung) kommen dürfen. Das ist die Essenz des Urteils, mit dem der spanische Nationale Gerichtshof am Montag fünf ihrer Führungsmitglieder von allen Vorwürfen frei gesprochen hat. Das hatten die Angeklagten zwar erhofft, zweifelten aber daran, ob sich das Gericht trauen würde, ein solches Urteil auch auszusprechen.

Sieben Jahre lange Jahre hat es gedauert, nachdem die paramilitärische Guardia Civil die Redaktion im baskischen Andoain stürmte und die Journalisten verhaftete, die zum Teil monatelang in Knast saßen. Sogar das Madrider Sondergericht stellt fest, dass sie keine Mitglieder der baskischen Untergrundorganisation ETA sind und es keine Hinweise dafür gibt, dass die ETA die Zeitung 1990 gegründet hat und sie steuerte.

Man kann das Urteil als Anklage gegen den Ermittlungsrichter am Nationalen Gerichtshof Juan del Olmo und die Guardia Civil lesen. Es greift auf knappen 33 Seiten und in einer klaren Sprache den Ermittler und die Zivilgarden schwer an. "Die vorläufige Schließung der Euskaldunon Egunkaria, die einzige Tageszeitung die baskischer Sprache, ist von der Verfassung nicht gedeckt und entbehrt einer speziellen Rechtsnorm die sie autorisieren könnte", heißt es im Urteil.

Diesmal wurde die absurde Anklage nicht mehr kleinlaut verworfen, wie es noch im vergangenen Jahr im Fall der Zeitung Egin (Machen) in der zweiten Instanz vom Obersten Gerichtshof geschehen ist, mit der der umstrittene Ermittlungsrichter Baltasar Garzón abgestraft wurde, der nun selbst auf der Anklagebank Platz nehmen muss. Dieses Urteil pocht klar und deutlich auf demokratische Grundsätze. Das Gesetz, das vorläufige Schließungen von Firmen ermöglicht, sei auf Kommunikationsmedien nicht anwendbar. Man dürfe diese nicht als gewöhnliche Firmen behandeln, es müsse zwischen der "Pressefreiheit" und einer kriminellen Handlung abwogen werden. In vorliegenden Fall sei die Pressefreiheit geopfert worden, wobei es "keinerlei kriminelle Aktivität" gab, stellt das Urteil fest.

Der Vorsitzende Richter Javier Gómez Bermúdez führte aus, die Anklage beruhe auf einer "verbreiteten und falschen Vorstellung", alles im Umfeld der baskischen Sprache und Kultur werde von der "ETA gesteuert und/oder gefördert". Das führe zur "fehlerhaften Bewertung von Vorgängen und Daten und einer haltlosen Anklage". Wie im Prozess Zivilgardisten erklärten, ging das Verfahren allein von der Guardia Civil aus, die praktisch alle Firmen durchleuchtete, die mit der baskischen Sprache und Kultur zu tun haben. Sie ordnete die Schließung und die Verhaftungen an, was vom Ermittlungsrichter wohl lediglich abgesegnet wurde.

Das Urteil erkennt auch die Vorwürfe der Angeklagten an, in den vier Tagen der Kontaktsperre von der Guardia Civil gefoltert worden zu sein. Damit werden ihre selbstbelastende Aussagen entkräftet, die in dieser Zeit gemacht haben. "Die Anklagen über Misshandlungen und Folter in der Kontaktsperre, die detailliert im Verfahren und zuvor vor dem Ermittlungsrichter beschrieben wurden und Gegenstand von Anzeigen vor Gerichten sind, sind kompatibel mit den Gutachten von forensischen Ärzten, die bei der Aufnahme im Gefängnis erstellt wurden." Das Urteil stellt fest, dass es keine "ausreichende und effiziente" richterliche Kontrolle in den vier Tagen gab, in der Angeklagte nach dem Anti-Terrorgesetz nicht einmal Kontakt zu ihrem Anwalt. Damit wird auch das vom Tisch gewischt, was gerne als "Beweis" für eine ETA-Mitgliedschaft angeführt wird. Weil es, entgegen der Anklagen von Menschenrechtsorganisationen, Folter in Spanien nicht geben soll, seien diejenigen Basken ETA-Mitglieder, die nach der Verhaftung Folter anzeigen, weil die ETA angeblich ihre Mitglieder dazu anhält.