SPD-Schattenministerin möchte in Schleswig-Holstein Studiengebühren einführen

Die Forderungen sollen nach englischem Modell erst nach dem Abschluss beglichen werden

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In Großbritannien werden Studiengebühren nicht während Studiums erhoben, sondern erst dann, wenn das Einkommen der Absolventen 21.000 Pfund jährlich übersteigt. Dieses System ist Studenten insofern gerechter als das deutsche, als Studenten hier die Gebühren gleich zahlen müssen, aber aufgrund der Bolognabürokratie während ihres Studiums nichts oder nur sehr wenig verdienen können. Nehmen sie deshalb einen Kredit auf, wird dieser ohne Rücksicht auf das Einkommen verzinst eingetrieben und nur dann gestundet werden, wenn der Schuldner nicht mehr gepfändet werden kann.

Eingeführt hat diese Akademikersteuer nicht Margaret Thatcher, wie gemeinhin geglaubt wird, sondern unter Tony Blair, der die Summe entgegen ausdrücklicher Wahlversprechen auf mehr als das Dreifache steigerte. Auch in Deutschland hat sich jetzt eine Sozialdemokratin für Studiengebühren ausgesprochen, die erst nach dem Berufsabschluss eingetrieben werden. Das pikante dabei: Waltraud Wende ist nicht nur Präsidentin der Universität Flensburg, sondern auch die designierte Bildungsministerin im Kabinett des schleswig-holsteinischen SPD-Spitzenkandidaten Torsten Albig, der hofft, nach den heutigen Wahlen Regierungschef zu werden.

Albig beeilte sich deshalb, der Presse nach dem Bekanntwerden der Äußerung Wendes mitzuteilen, ein von ihm angeführtes Kabinett werde keine Studiengebühren erheben, sondern setze stattdessen auf eine Vermögenssteuer, wie sie auch andere SPD-geführte Bundesländer planen. Was Albig nicht sagte, ist, ob Wende in einer großen Koalition mit der (in Umfragen praktisch gleich starken) CDU Bildungsministerin wird und dann ihre Pläne mit Zustimmung der SPD-Fraktion unter einem christdemokratischen Regierungschef verwirklichen kann. Dass es zu solch einer großen Koalition kommt, wenn es für die von der SPD präferierte Zusammenarbeit mit den Grünen und der Minderheitenpartei SSW nicht reicht, ist insofern gut möglich, als der FDP-Chef Wolfgang Kubicki eine Ampel-Koalition wegen persönlicher Animositäten mit dem SPD-Landesvorsitzenden Ralf Stegner für sehr unwahrscheinlich erklärte. Die von den Liberalen ins Spiel gebrachte Jamaika-Lösung aus CDU, FDP und Grünen wiederum erwies sich im Testgebiet Saarland für die Öko-Partei hinsichtlich der Wahlergebnisse als "wenig nachhaltig", weshalb diese vor einer Wiederholung zurückschrecken könnten.