Verdächtiger Klassenprimus bei der Produktion wissenschaftlicher Arbeiten

Iran: Die Menge wissenschaftlicher Studien ist in den vergangenen 30 Jahren so stark angestiegen wie in keinem anderen Land der Welt, stellt eine kanadische Studie fest.

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Der Übersichtsbericht (PDF-Datei) von Szientometrikern, die sich den weltweiten wissenschaftlichen Fortschritt der letzten 30 Jahre nach "geopolitischen Gesichtspunkten" - z.B. dem Zerfall der Sowjetunion - genauer angeschaut haben, nennt einen Klassenprimus, der sich besonders über diese Ehre freuen wird: Iran. Die wissenschaftliche Produktion dieses Landes sei in den Jahren 1995 bis 2009 gegenüber dem Vergleichzeitraum, von 1980 bis 1994, um das 11fache schneller angewachsen als der Weltdurchschnitt, heißt es in dem Bericht der Datenleser des in Kanada ansässigen Science-Metrix-Unternehmens.

Eine ungewöhnliche Maßzahl, die man nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Sie beruht auf der Maßgabe, dass sich wissenschaftliche Aktivität sehr gut an der Zahl von Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften ablesen läßt. Als Quelle für ihre Berechnungen geben die Verfasser des Berichts die Web of Science-Datenbank an. Eingeräumt wird aber vom Studienautor Eric Archambault, dass die bloße Anzahl von Veröffentlichungen keine Schlüsse auf die Qualität der Wissenschaftspapiere schließen lasse. Darüber, wie oft Veröffentlichungen aus Iran in anderen Arbeiten zitiert werden, gibt es leider keine Angaben in dem Bericht.

Nach dessen Auswertungen haben sich viele wissenschaftliche Arbeiten in Iran nach dem Krieg gegen den Irak, wo das Land technische Unterlegenheit und - die Wirkung chemischer Waffen, wie hervorgehoben wird - erfuhr, vor allem auf Felder konzentriert, die mit nuklearer Technologie in Verbindung stehen: Aufgeführt werden insbesondere Teilchenphysik, Chemie, Ingenieurswissenschaften (siehe die Tabellen auf Seite 9 des frei zugänglichen 16-seitigen Berichts). Der Anteil der Publikationen aus dem Bereich der Nuklearenergie soll 250 Mal stärker gewachsen sein als der Weltdurchschnitt.

Diese Analyse, die nicht auf "geheime nukleare Aktivitäten" abhebt, sondern auf eine breitgefächerte wissenschaftliche Forschungsanstrengung hindeutet, wird ergänzt durch die Beobachtung, dass auch viele medizinische Forschungsfeldern, insbesondere "public health", überdurchschnittliche wissenschaftlichen Produktivität anzeigen. Auch Biologie und Umweltschutz gehören zu den Disziplinen mit signifikanten Wachstumsraten.

Europa hält sich in der Studie gut - ein Drittel der wissenschaftlichen Veröffentlichungen stammen demzufolge vom alten Kontinent. Asien holt stark auf, besonders China, das nach Aussagen Eric Archambaults in diesem Jahr genau so viele naturwissenschaftliche und technische Studien mit Peer Review veröffentlichen wird wie die USA, denen nach seinen Schätzungen die weltweit führende Rolle in den Feldern Lebens- und Sozialwissenschaften bis 2030 bleiben wird. Deutliches Wachstum zeigen auch die wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus der Region "Middle East".