Stiftung Weltbevölkerung kritisiert Fehlen von Familienplanung

Nach Ansicht der Hilfsorganisation wird auf der Rio+20-Agenda ein wichtiger Weg zur Lösung globaler Probleme "völlig vernachlässigt"

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Nach Zahlen der gemeinnützigen Stiftung Weltbevölkerung, in deren Kuratorium unter anderem Alfred Biolek, Margot Käßmann, Klaus Töpfer und Ernst Ulrich von Weizsäcker sitzen, würden weltweit 215 Millionen Frauen gerne weniger Kinder haben - aber ihnen fehlen ökonomische, rechtliche und soziale Instrumente zur Familienplanung.

Würde ihnen geholfen, dann könnte man nach Ansicht der Stiftungsgeschäftsführerin Renate Bähr nicht nur ihr Leben verbessern, sondern auch den "Druck auf Umwelt und Klima" verringern. In diesem Zusammenhang kritisiert die Stiftung, dass das Thema freiwillige Familienplanung nicht auf der Agenda des heute begonnenen Rio+20-Gipfels steht.

Tatsächlich ist das Thema Verhütung, das noch in den 1970er Jahren eine wichtige Rolle in Plänen zur Lösung globaler Probleme spielte, heute weitgehend tabuisiert. Wichtige Rollen bei dieser Entwicklung spielten das politische Erstarken fundamentalistischer Christen in den USA und ein übertriebener Kulturrelativismus, der den Schutz archaischer Sitten vor Frauen- und Kinderrechte setzt. Hinzu kam, dass die entwicklungspolitisch ausgesprochen erfolgreiche Ein-Kind-Politik in China im Westen mit teilweise unwahren Falschinformationen zur Diskreditierung von Familienplanung herangezogen wurde. Neutral besehen handelt es sich bei den unter diesem Schlagwort zusammengefassten lokal unterschiedlichen Regelungen aber weniger um unmittelbaren Zwang, als um ein System aus finanziellen Vor- und Nachteilen, wie es unter umgekehrten Vorzeichen (also zur Steigerung der Geburtenrate) auch in Deutschland existiert:

Neben hohen Kompensationszahlungen an den Staat ("shehui fuyang fei") schuf man nämlich in China auch Versorgungsanreize: Ein-Kind-Familien wurden bei der Gesundheitsversorgung, der Rente, beim Urlaub und bei der Wohnungsvergabe bevorzugt. Hinzu kamen flankierende Aufklärungsmaßnahmen: Bis 2003 wurde von jungen Paaren eine Art "Familienplanungsführerschein" gefordert, welcher Grundkenntnisse der Empfängnisverhütung zum Inhalt hatte. Dadurch konnte das Land, dessen Bevölkerung sich 1950 und 1980 nahezu verdoppelt hatte, die vorhandenen Kinder besser ausbilden und so den Teufelskreis aus Überbevölkerung und Unterentwicklung durchbrechen.