Ausstieg aus Hartz-IV ist oft von kurzer Dauer

Die Vermittlungsquote von Hartz-IV-Beziehern ist gut. Doch laut einer aktuellen Studie landet jeder Zweite innerhalb von 6 Monaten erneut im Leistungsbezug

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Mit der Einführung des Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV, sollte ein System des "Förderns und Forderns" etabliert werden. Ziel aller Maßnahmen war die Wiedereingliederung des Arbeitslosen in die Arbeitswelt und die Beendigung der Hilfebedürftigkeit. Und obwohl die Einstellungsquote in ein sozialversicherungsrechtliches Vollzeit-Arbeitsverhältnis bei den Hartz-IV-Beziehern genauso hoch ist wie bei der restlichen Bevölkerung, sinkt deren Zahl nur geringfügig. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat dazu eine Studie veröffentlicht.

Immerhin 15,5% der 2008 neu begonnenen Vollzeit-Arbeitsverhältnisse wurden laut der IAB-Studie von Hartz-IV-Beziehern aufgenommen. Ein Anteil, der gerechnet an deren Zahl an der arbeitsfähigen Bevölkerung überraschend hoch ist und der oft geäußerten Kritik über die vermeintlich mangelnde Leistungsbereitschaft von Langzeitarbeitslosen widerspricht. Hinzu kamen zusätzlich 565.000 geringfügige Arbeitsverhältnisse.

Allerdings schaffte nur ein kleiner Teil der Vermittelten trotz Vollzeitarbeit den Sprung aus der Hilfebedürftigkeit. Während von den Alleinstehenden knapp zwei Drittel (64,1%) mit der Arbeitsaufnahme sich aus dem Bezug von ALG II verabschiedeten, waren es unter den Alleinerziehenden nur 38,9% und bei Paaren mit Kindern gerade einmal 36,9%. Durchschnittlich 50,6% aller Bezieher konnten durch die Arbeitsaufnahme zumindest zeitweise die Bedürftigkeit beenden.

Warum nur die Hälfte der in Arbeit gekommenen aus dem Bezug von Hartz-IV herausfällt, wird deutlich, wenn man die gezahlten Löhne genauer betrachtet. Die Vollzeitbeschäftigten arbeiteten hier zu einem mittleren Bruttolohn von 1.346 Euro. Für einen Alleinstehenden mit Steuerklasse 1 und ohne Kinder, ergibt das einen Nettolohn von etwa 986 Euro und für einen Verheirateten in Steuerklasse 3 mit 2 Kindern einen Nettolohn von etwa 1.086 Euro. Für einen Alleinstehenden sicher ausreichend, aber für eine Familie bedeutet das, weiter auf Leistungen des Staates angewiesen zu sein.

Personen, die ihre Bedürftigkeit beenden konnten, erwirtschafteten einen durchschnittlichen Bruttolohn von 1.425 Euro. Doch selbst dieser liegt mehr als 50% unter dem deutschen Durchschnittslohn von 3.064 Eur für den Erhebungszeitraum 2008 und erreicht nicht einmal den Durchschnittslohn eines Hilfsarbeiters. Die noch geringen Löhne der anderen Arbeitsverhältnisse ergeben sich oft auch aus der Art des erlangten Jobs. Ein Fünftel ging in die Zeitarbeit, die vielfach geringer bezahlt sind als andere tarifgebundene Beschäftigungen. Andere kamen in geförderte Arbeitsmaßnahmen. Auffallend ist jedoch, dass die zur Ausfüllung der gebotenen Arbeit notwendigen Anforderungen oft recht gering sind. "Insgesamt werden Leistungsempfänger dort überproportional eingestellt, wo tendenziell niedrigere formale Qualifikationsanforderungen bestehen", so die IAB-Wissenschaftler.

Doch selbst für jene, die einen für sich ausreichenden Lohn erzielten, reichte es oft nicht zur längerfristigen Bedarfsdeckung, denn viele der Jobs dauerten weniger als 6 Monate an. Nur 55% der Beschäftigungsverhältnisse währten länger als 6 Monate. Somit fand sich fast jeder Zweite nach wenigen Monaten erneut im Bezug von ALG II wieder. Ob es sich dabei um eine Befristung der Arbeitsstelle handelte oder ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch andere Gründe (z.B. wegen mangelnder Eignung, gesundheitlicher Gründe, etc.) erfolgte, hat die Studie leider nicht betrachtet. Dabei wären derartige Zahlen sicher hilfreich, um zu erklären, warum es Langzeitarbeitslosen so schwer fällt, wieder den dauerhaften Einstieg in die Arbeitswelt zu finden. Liegt es an den Betroffenen selbst oder hat sich unsere Arbeitswelt deutlich verändert? Und unter Betrachtung der niedrigen Löhne und der Kurzfristigkeit der Beschäftigung, könnte hier auch ein neues Proletariat von Tagelöhnern und Billigarbeitern entstehen.