Rentenzuckerl fürs große Publikum..

aber nicht für die Bedürftigen: von der Leyens Zuschussrente

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Kritik ist Ursula von der Leyen gewohnt. Die gibt es auch zum Auftakt des "Regierungsdialogs Rente". Die Arbeitsministerin hat mit ihrem Vorschlag einer Zuschussrente für Geringverdiener die Trommel gerührt. Mit 850 Euro monatlich soll der Arbeitsarmut entgegengesteuert werden. So viel sollen schlecht gestellte Alte ab 2013 als vom Staat aufgestockte Grundsicherung bekommen, wenn sie, nun ja, einige Bedingungen erfüllen.

Ganz neu ist der Rentenzuschuss, der Altersarmut Grenzen setzen, soll nicht. Schon jetzt werden geringe Renten mit Zusatzleistungen aus dem Sozialamt aufgestockt. Die Grundsicherung liegt zwischen 660 bis 740 Euro. Das ist sehr wenig zum Leben und eigentlich nur ohne Mietzahlungen zu schaffen. Die neue Grundsicherung nach dem Vorschlag von der Leyens würde mit 850 Euro nichts Wesentliches an einer sehr schwierigen Lage verändern. Ein Zuckerl in einem dünnen Kaffee, der Magenschmerzen bereitet.

Das Zuckerl stammt diesmal aus der Rentenkasse, die derzeit als gut gefüllt beschrieben wird, und so Politiker zum Verteilen lockt. Was nach großzügiger Sozialpolitik aussieht, ist allerdings nur an der Oberfläche so. Die Zuckerl, die kein Brot sind, werden nur an einen beschränkten Empfängerkreis verteilt: Der Empfänger muss selbst privat vorgesorgt haben und er muss eine beträchtliche Zahl an Versicherungsjahren in der Rentenversicherung nachweisen.

40 Versicherungsjahre müssen die vorweisen, die bis 2023 in Rente gehen. Davon 30 Jahre Beitragszahlungen (bestimmte Zeiten, wie etwa Ausbildung oder Arbeitslosigkeit sind betragsfrei). Danach steigen die Anforderungen: 45 Versicherungsjahre und 35 Beitragjahre. Das ist, wie Gewerkschaften und SPD-Mitglieder monieren, eine biographische Meßlatte, die zu hoch angesetzt ist. Wer unter den Bedürftigen, denen unter dem Schlagwort "Altersarmut" publikumswirksam Hilfe versprochen wird, kann dies vorweisen. Und bei den Fällen, die dies vorweisen können, wird die ganz große soziale Ungerechtigkeit des Arbeitslebens sichtbar: Wie geht das, 30 Jahre Arbeit mit Beitragszahlungen, und dann reicht die Rente nicht zum Notwendigsten?

Auch die andere Art der Anforderungen, die an den Kreis der Bezuschussungsbefähigten gestellt wird, hat eine eher hässliche Seite. Die Schokoladenseite, mit der von der Leyen den Griff in den Rententopf öffentlich verkauft, lautet: man unterstütze damit jene, die ohnehin selbst Vorsorgemaßnahmen ergriffen haben. Eine weitere Variation der geläufigen "Hilfe zur Selbsthilfe-Formel". Konkret geht es bei der privaten Vorsorge um die Rentenversicherung. Die Vergabe der Zuschussrenten ist daran gebunden:

"Fünf Jahre Riester-Vorsorge ist für die Rentner Mindestvoraussetzung, die zwischen 2013 und 2017 in Rente gehen. Danach erhöht sich die Zahl der geforderten Privatvorsorgejahre jährlich um ein Jahr. Wer 2027 in Rente geht, muss demnach 15 Jahre Vorsorge nachweisen. Im Jahr 2047 sind 35 Jahre Vorsorge nötig, um eine Zuschussrente zu bekommen."

Vieles an der Riester-Rente ist unklar, dubios, wie dies nicht nur in privaten Gesprächen auf den Tisch kommt, auch das deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beurteilte die Riester- Erfolgsmeldungen der Bundesregierung und der Versicherungsbranche kritisch. Sicher ist; vom Konzept der Arbeitsministerin profitiert vor allem die Versicherungsbranche, ungleich mehr als die armen Rentner.

Wie die Riester-Rente bei den 850 Euro verrechnet wird, ob sie auf diese Summe "draufgesattelt" wird oder schon enthalten ist, ist nur eine der Fragen, die auch das Handwerkliche des von der Leyen-Konzepts in den Blick rücken. Nicht zum ersten Mal. Die Kritik an dem neuesten Vorschlag aus der Produktion von der Leyen trifft sich darin mit dem Leitmotiv der früheren: Viel Schaufenster, große Probleme in der Wirklichkeit.