Ein Fall für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte?

Das französische Parlament verabschiedet den Entwurf zum Anti-Burka-Gesetz

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Mit einer überwältigen Mehrheit von 335 Ja-Stimmen gegen 1 (!) Nein-Stimme hat das französische Parlament dem Gesetzesentwurf zum Verbot der Vollverschleierung, umgangssprachlich "Anti-Burka-Gesetz", wie erwartet zugestimmt.Während das rechte Lager, die Mehrheitspartei UMP und das neue Zentrum (NC), und einige Abgeordnete aus dem linken Lager für den Gesetzesentwurf stimmten, enthielten sich große Teile der Opposition - Grüne, PS und die Kommunisten (PCF) - der Abstimmung.

Interessant wird es aber erst später. Nicht im September, wenn die andere Kammer, der Senat, über den Gesetzesentwurf abstimmt, sondern wahrscheinlich Ende Oktober. Dann wird sich der Verfassungsrat einschalten. Der Fraktionschef der Regierungspartei, Jean-François Copé, will die Intiative dazu selbst in die Hand nehmen und sie nicht Kritikern überlassen. Weswegen der Conseil Constitutionel vom Parlamentspräsidenten angerufen werden soll, sobald das Gesetz von den beiden Kammern definitiv angenommen wurde - und bevor das erste Bußgeld gegen eine Burkaträgerin oder deren Ehemann (siehe "Hinter tausend Stäben keine Welt") ausgesprochen wird.

Die Verfassungsweisen, wie man die Mitglieder des Verfassungsrates nennt, müssen nicht lange suchen, um auf bedenkliche Fundamente des Gesetzentwurfs zu stoßen. Die Spur dazu hat das andere rechtsberatende Organ der Regierung, der Staatsrat, schon zweimal gelegt ( siehe dazu Generelles Burka-Verbot ohne festes juristisches Fundament und "Würde der Frau" möglicherweise mit Burkatragen vereinbar).

Sollte das populäre Gesetz die Verfassungsrat-Schwelle passieren - was als wenig wahrscheinlich gilt -, dann werde man den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einschalten, so Kritiker des Gesetzes. Polizisten äußerten wenig Vorfreude (siehe Polizisten fürchten das Gesetz gegen die Vollverschleierung).