EU-Parlamentarier setzen sich für Bradley Manning ein

In einem offenen Brief äußern sie Sorge über die Haftbedingungen und verlangen, dass dem UN-Sonderbeauftragten für Folter endlich erlaubt wird, den mitmaßlichen WikiLeaks-Whistleblower zu besuchen

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Lange Zeit wurde Bardley Manning, der verdächtigt wird, während seiner Zeit als US-Soldat im Irak WikiLeaks die Dokumente über den Irak- und Afghanistankrieg sowie die Depeschen des Außenministeriums zugespielt zu haben, unter harten, zumindest an Folter grenzenden Haftbedingungen in Quantico gehalten - von Juli 2010 bis April 2011.

Obgleich auch in den USA Proteste laut wurden und weiter Protestaktionen organisiert werden, Hunderte von Rechtsexperten die Haftbedingungen als verfassungswidrig geißelten und Menschenrechtsgruppen wie Amnesty die Haftbedingungen als unmenschlich kritisierten, verweigert sich das Weiße Haus einer Stellungnahme. Vorgeworfen wird dem jungen Mann Spionage und Kollaboration mit dem Feind, worauf die Todesstrafe stehen kann.

Man muss sich daran erinnern, dass Obama angetreten ist, die Menschenrechtsverletzungen zu beenden, Guantanamo zu schließen, den Rechtsstaat wiederherzustellen und für größere Transparenz zu sorgen, wozu auch er die Whistleblower gewürdigt hat. Aber das war vor oder zu Beginn seiner Präsidentschaft, jetzt ist davon nicht mehr viel zu hören.

Auch wenn die europäischen Regierungen, die ebenso gerne propagieren, für Freiheit und Rechtstaatlichkeit einzutreten, schweigen - wie sie das auch bei Folter, Verschleppungen oder dem Drohnenkrieg machen bzw. machten - haben nun immerhin 54 Abgeordnete des Europäischen Parlaments einen offenen Brief an den US-Präsidenten Barack Obama geschrieben. Unter den Unterzeichnern finden sich viele Deutsche aus der Linkspartei und einige von den Grünen, aus anderen Ländern auch Vertreter der Europäischen Volkspartei oder der Sozialisten, aber auch der deutsche Liberale Alexander Alvaro. Adressiert ist der Brief auch an die Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses sowie an den US-Verteidigungsminister Panetta und andere Vertreter des Pentagon.

Die europäischen Parlamentarier wollen wissen, warum Manning bereits 17 Monate lang gefangen gehalten wird, ohne jemals vor Gericht zu erscheinen - für den 16. Dezember ist die erste Anhörung geplant. Sie äußern die Sorge, dass er in Quantico nicht nur einer strengen Einzelhaft, sondern auch "anderen Misshandlungen, die an Folter grenzen, unterzogen" wurde. Tatsächlich wurde Manning in Quantico systematisch gedemütigt und gequält. Er verbrachte 23 Stunden täglich in Einzelhaft, wurde dauernd beobachtet, alle fünf Minuten geweckt und gefragt, wie es ihm geht. Er musste bis auf die Unterhose nackt schlafen, alles angeblich, um ihn vor dem Suizid oder Selbstverletzung (prevention of injury) zu schützen. Besuche von Abgeordneten des Repräsentantenhauses, von Vertretern von Menschenrechtsorganisationen oder vom Sonderbeauftragten für Folter der Vereinten Nationen wurden untersagt.

Im April 2011 wurde er aufgrund beharrlicher Bemühungen seines Verteidigers in das Militärgefängnis von Fort Leavenworth verlegt, dort wurden die Haftbedingungen deutlich erleichtert. Er wird nun in mittlerer Sicherheitsstufe überwacht und gilt nicht mehr als suizidgefährdet. Seine Zelle hat nun ein Fenster, auch einen Tisch und einen Stuhl gibt es, wie sein Verteidiger berichtet, er darf persönliche Gegenstände in der Zelle haben, Briefe, Zeitungen oder Bilder erhalten, hat ein normales Bett, muss nicht mehr nackt schlafen und darf mit anderen Gefangen sprechen. Es scheint ihm deutlich besser zu gehen, zumal er auch Familienmitglieder empfangen und mit Unterstützern über Briefe kommunizieren kann.

Die Parlamentarier erkennen an, dass es Manning nun besser geht, monieren aber, dass den Vorwürfen, die Haftbedingungen unnötig verschärft zu haben, nicht nachgegangen wurde und die Verantwortlichen unbehelligt blieben. Als zwingend notwendig erachten die Abgeordneten, dass Manning unverzüglich vom US-Sonderbeauftragten für Folter besucht werden kann, um die Vorwürfe zu untersuchen. Zudem äußern sie Unverständnis, dass ein Whistleblower mit der Todesstrafe oder einer lebenslänglichen Haft bedroht wird.