Ergebnis der Volksabstimmung zum AKW-Neubau in Polen

Bürger klar gegen Neubau - Betreiber macht Desinformation für die Ablehnung verantwortlich

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Bei der Volksabstimmung über den AKW-Neubau an der Ostseeküste sprach sich eine große Mehrheit gegen den geplanten Kernkraftwerksbau in ihrer Region aus. 4.100 wahlberechtigte Bürger waren zur Stimmabgabe aufgerufen worden, 2366 nahmen am Referendum teil. Auf die Frage "Soll in Mielno ein Atomkraftwerk gebaut werden?" stimmten 2.237 Bürger mit nein und 125 mit ja, vier Stimmen waren ungültig.

Nach Plänen der polnischen Regierung und des mit dem Bau beauftragten Energiekonzerns Polska Grupa Energetyczna (PGE) war der Ort Gaski in der Gemeinde Mielno als möglicher Standort ausgewählt worden. Ein Sprecher von PGE machte für die klare Ablehnung des AKW-Baus "Desinformation" der Bürger verantwortlich. Dabei kann sich PGE nicht über mangelnde Unterstützung durch die Medien beklagen.

In den letzten Monaten hat die Mehrheit der polnischen Medien pro Kernkraft berichtet und den Bau auch als eine Art nationaler Emanzipation in Sachen Energieversorgung beworben. Piotr Laskowski von der Bürgerinitiative berichtet zudem, es habe von offizieller Seite "wie in einem totalitären Staat" keine Bürgerbefragungen und keine Informationsgespräche gegeben.

PGE versuchte im Vorfeld der Abstimmung mit Arbeitsplatzversprechen zu punkten, das AKW würde Jobs in der ländlichen Region schaffen. Gegenstimmen fragten dagegen, warum Polen ausgerechnet jetzt in die Kernkraft einsteige, wenn doch Deutschland bis 2022 aussteige, und warum in einer Tourismusregion ein AKW auf einem 200-Hektar-Gelände direkt an der Ostsee gebaut werden soll? Welcher Tourist würde dort noch Urlaub machen wollen?

Das Referendum ist rechtlich gesehen nur ein Art Empfehlung und nicht rechtlich bindend. Die endgültige Entscheidung soll quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit zwischen der Regierung in Warschau und PGE erfolgen. Als Sprecherin der polnischen Regierung sagte Hanna Trojanowska jedoch zu, dass das Wirtschaftsministerium das Ergebnis des Referendums als "eine wichtige Stimme in der öffentlichen Debatte über dieses Thema" berücksichtigen wird.

Nur 70 km von Gaski bewirbt sich die Gemeinde Darlowo als Standort für das AKW. Deren Bürgermeister hofft auf Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Die endgültige Entscheidung soll bis Ende 2013 fallen, Baubeginn soll dann im Jahr 2016 sein.