NPD-Verbot: Wie belastbar ist das Material der Verfassungsschutzämter?

Die SPD-Fraktion hat Zutrauen zum Material der Innenminister; der Linkenpolitikerin Pau wurde schlecht bei der Lektüre

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Die SPD-Bundestagsfraktion setzt offensichtlich großes Vertrauen in die Materialsammlung für das NPD-Verbot. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer, Thomas Oppermann, kündigte an, dass die Fraktion noch im Januar einen eigenen Antrag zum Verbot der NPD im Bundestag einbringen werde. Oppermann präsentiert die Fraktion in einer Vorreiterrolle gegenüber Skeptikern: "Wir haben den anderen Fraktionen im Bundestag ein gemeinsames Vorgehen vorgeschlagen. Herr Kauder und Herr Brüderle haben das abgelehnt."

Dass die SPD im Wahlkampfmodus ist, ist klar. Kann man davon ausgehen, dass die Abgeordneten die Materialsammlung für das Verbot gut studiert haben? Nach FAZ-Informationen haben die Verfassungsschutzämter zwischen Frühjahr und Herbst des letzten Jahres "insgesamt mehr als 2500 Äußerungen und Hinweise aus öffentlich zugänglichen Quellen gesammelt". Ein Aktenberg aus 1.500 Seiten, so Petra Pau. Die Linken-Politikerin äußert erhebliche Zweifel an der Belastbarkeit des Materials. Sie geizt nicht mit deutlichen Vorwürfen.

Gegenüber einem Radiosender erklärte sie, dass aus den Akten nicht ersichtlich sei, "welche Belege für eine Verfassungsfeindlichkeit V-Leuten zuzurechnen seien und welche der NPD". Pau steht mit ihren Zweifeln nicht alleine. Schon vor der Innenministerkonferenz, die Anfang Dezember für ein Verbotsverfahren gestimmt hatte, bekräftigten nur vier Bundesländer - Bremen, Brandenburg, das Saarland und Schleswig-Holstein - "dass die Beweise nicht von V-Leuten stammen oder von diesen beeinflusst wurden". Auch der Bundesinnenminister blieb zurückhaltend und sprach von einem "riskanten Verfahren".

Pau nimmt kein Blatt vor dem Mund; ihr sei „schlecht geworden“, als sie im Material gelesen habe. Die Materialsammlung sei durch V-Leute-Informationen auch an höchster Stelle verseucht, zitiert sie der MDR. Dass mehr als die Häfte der Innenminister Bedenken äußerten, habe gute Gründe. Pau will DER LINKEN empfehlen, einem NPD-Verbotsverfahren nicht zuzustimmen.

Die Reaktionen blieben nicht aus. Das Material, das beim Bundesverfassungsgericht zum NPD-Verbot eingereicht wurde, stamme nicht von V-Leuten, versicherte der CDU-Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht, tags darauf. Bemerkenswert ist, dass Stahlknecht Pau vorwirft, sie habe "gesundes Halbwissen" weiterverbreitet. Was meint er mit "gesund"?