Schluss mit billig billig

Chinesischen Unternehmen gehen die billigen Arbeitskräfte aus

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Die Exportindustrie in Chinas Küstenprovinzen Guangdong (in der Nachbarschaft von Hongkong) und Zheijiang (südlich von Shanghai) hat ein Problem, das sich bereits seit längerem angekündigt hat, aber für europäische Ohren dennoch ganz ungewöhnlich klingt: Arbeitskräftemangel. Nach dem gerade zuende gegangenen chinesischen Neujahrsfest fällt es vielen Unternehmen im Herzland der chinesischen Exportindustrie schwer, genug Arbeiter zu finden. Das geht aus einem Bericht der KP-Zeitung Global Times hervor.

Viele Betriebe in der Exportindustrie beschäftigen meist junge Wanderarbeiter aus den Inlandsprovinzen. Wie in China üblich sind diese übers Neujahrsfest zu ihren Familien zurückgekehrt, und zeigen jetzt offenbar wenig Neigung, an ihre alten Arbeitsplätze zurückzukehren. Schon vor dem Ausbruch der Finanzkrise, in deren Folge etliche Millionen Beschäftige in den Exportindustrie auf der Straße landeten, hatte es erste Anzeichen von Rekrutierungsproblemen in den Küstenprovinzen gegeben. Eine Konsequenz war ein rasches Anwachsen der für deutsche Verhältnisse immer noch sehr niedrigen Löhne.

Inzwischen dürfte das Problem sein, dass das Konjunkturprogramm der Regierung viele neue Jobs im Inland geschaffen hat, die von den Arbeitern vorgezogen werden, weil sie ihren Heimatdörfern näher sind. Außerdem hat sich das chinesische Hinterland in den letzten zehn Jahren rasant ökonomisch entwickelt. Dort seien aber die Lebenshaltungskosten noch geringer, so dass, so das KP-Blatt, die Einkommen dort in den vielen neuen Fabriken insgesamt attraktiver sind. Des weiteren seien die jungen, in den 1980ern und 1990ern geborenen Arbeiter heute anspruchsvoller und sich ihrer Rechte mehr bewusst.

Schon seit einigen Jahren gibt es aus Chinas boomenden Südprovinzen eine Absatzbewegung von Textilfabriken und anderen Unternehmen, die von gering qualifizierter und schlecht bezahlter Arbeit leben. Neben den Inlandsprovinzen ist vor allem Vietnam Ziel dieser Kapital-Migration, die übrigens ganz im Sinne der chinesischen Führung ist.