Droht nun die erwartete Zerschlagung von Hochtief?

In Essen wurde stets befürchtet, die feindliche Übernahme diene der Sanierung des hoch verschuldeten spanischen Konzerns

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

An der Madrider Börse haben die Aktien des spanischen Baukonzerns ACS am Donnerstag deutlich zugelegt. Ging es für sie noch am Mittwoch bergab, profitierte ACS am Donnerstag von Meldungen, dass dem deutschen Baukonzern Hochtief offenbar die Zerschlagung droht. Die Aktien verteuerten sich um mehr als zwei Prozent.

Zuvor hatte die Essener WAZ‑Mediengruppe berichtet, dass beim einstigen Branchenprimus der deutschen Bauindustrie erste Schritte erwogen werden. Demnach denke der neue Hochtief‑Chef Marcelino Fernández Verdes an den Verkauf von Geschäftsbereichen mit 6.200 Mitarbeitern. Betroffen wären die Servicesparte innerhalb der Hochtief-Tochter Solutions AG mit 6.000 Beschäftigten und das Geschäft mit der Projektentwicklung mit 200 Angestellten.

Die Analyse der künftigen Strategie sei "noch nicht abgeschlossen", wird ein Sprecher des Essener Baukonzerns zitiert: "Es gibt daher auch keinerlei Entscheidungen." Details zur neuen Strategie will der neue Hochtief-Chef erst auf der Bilanzpressekonferenz am 28. Februar vorstellen. Der langjährige ACS-Manager war im vergangenen November auf den Chefposten bei Hochtief aufgerückt, was die Ängste in der Belegschaft verstärkt hatte, dass der schuldengeplagte Mehrheitsaktionär aus Spanien nun die befürchtete Filetierung beginnt, um sich darüber zu sanieren. Dass er die Zerschlagung von Hochtief ausgeschlossen hat, wird ihm weder in Deutschland noch in Spanien abgenommen. ACS ist bekannt für sein undurchsichtiges Vorgehen. So hatte der Konzern von Florentino Pérez einst auch stets behauptet, kein Interesse an einer Übernahme von Hochtief zu haben. So gelang es ihm, einen Vertreter im Aufsichtsrat zu bekommen, womit er an interne Informationen kam, die ihm die Übernahme erleichterten.

Dass Solutions abgestoßen werden soll, ist wahrscheinlich. Dafür spricht auch der Abgang des Hochtief Europa‑Chefs. Nach nur knapp zwei Monaten verließ Bernd Joachim Romanski mit sofortiger Wirkung am Dienstag den Konzern. Zur Begründung wurden nur "unterschiedliche Auffassungen" angegeben. Nun schälen sich die Gründe für das Stühlerücken heraus, schließlich war der 53-Jährige der Vorstandssprecher von Solutions, die verkauft werden soll.

Die Lage des ACS-Konzerns hat sich weiter verschlechtert, nachdem die verschuldete ACS den langen Übernahmekampf um Hochtief 2011 gewann. Nach einem Berliner Eiertanz konnte ACS mit noch mehr Schulden die Kontrolle über einen gesunden deutschen Konzern übernehmen. Der angeschlagene Konzern kämpft aber mit immer größeren Problemen. Nachdem die Bautätigkeit in Spanien fast vollständig einbrach, wurde zwischenzeitlich sogar aus Hochtief ein Verlustfall. Entgegen aller Erwartungen sorgten 2011 sogar die Probleme der australischen Hochtief-Tochter im Asien-Geschäft für hohe Verluste. Gespannt werden die genauen Zahlen für 2012 erwartet.

Klar ist, dass der ACS-Konzern mit seinen Milliardenschulden frisches Geld braucht. Die Bereitschaft der Banken in der Bankenkriseist aber gering, dem Konzern immer neue Kredite zu gewähren. Der Konzern hatte zum Jahresende offizielle Schulden in Höhe von etwa 6,2 Milliarden Euro. Das sind zwar deutlich weniger als die 9,3 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Doch dafür musste sich ACS von viel Tafelsilber trennen. Allerdings glauben viele Experten, dass die realen Verbindlichkeiten noch höher ausfallen. Gesprochen wird von Krediten von bis zu vier Milliarden Euro für Projekte, für die ACS seit Jahren erfolglos Käufer sucht.

ACS hat schon Windparks, Häfen und Stromtrassen verkauft. Um an eine neue Kreditlinie für drei Jahre zu kommen, musste 2012 sogar ein Großteil der Hochtief-Aktien an die spanische Großbank BBVA verpfändet werden. Besonders schmerzlich und teuer wurde für Pérez der Versuch, den großen spanischen Energieversorger Iberdrola zu übernehmen. Diese Übernahme ist in weite Ferne gerückt, was auch mit dem harten Widerstand der Basken zu tun hat. Sie hatten einen ACS-Vertreter im Aufsichtsrat nicht zugelassen, weil es sich um einen Konkurrenten handelt. ACS musste 2012 sogar Iberdrola-Anteile verlustreich verkaufen, da auch sie vom allgemeinen Verfall spanischer Börsenwerte betroffen waren. Der Konzern brauchte aber dringend Geld, weil die Schweizer Großbank UBS dem Konzern misstraute und einen Kredit über 900 Millionen Euro nicht verlängerte. Von einst über 20 Prozent hält ACS kaum noch direkte Anteile an Iberdrola, da sie fast vollständig an Banken verpfändet wurden, um frische Kredite zu erhalten.