Forscher sehen Wegfall des PR-Effekts nach Schließung von MEGAUPLOAD

Eine Aufsehen erregende Studie zu den Auswirkungen der Stilllegung von MEGAUPLOAD bringt aktuell die Content-Industrie in Verlegenheit

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Einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität und der Copenhagen Business School zufolge soll der Umsatz an der Kinokasse seit dem Aus einer der am meisten frequentiertesten Websites mit Streaming raubmordkopierter Filme nicht etwa gestiegen, sondern im Gegenteil sogar gesunken sein, dieses in allen untersuchten 49 Ländern. Dies gelte für Filme mit durchschnittlicher oder unterdurchschnittlicher Kopienanzahl. Die Autoren halten es für wahrscheinlich, dass der Wegfall der kostenlosen Mund-zu-Mund-Propaganda für interessante Filme durch Kostenlos-Konsumenten auch diejenigen Konsumenten ausschließt, die im Prinzip bereit gewesen wären, ihr Geld ins Kino zu tragen.

Diese vorläufig nur in einer Zusammenfassung präsentierte Erkenntnis stützt die These, dass Filesharing unterm Strich nicht wirklich einen wirtschaftlichen Schaden verursacht, sondern kostenlose Werbung darstellt (was insbesondere für finanziell schwach aufgestellte Filmemacher interessant ist). Anders wäre es auch kaum zu erklären, dass nach einem Jahrzehnt Filesharing die Umsätze und Produktionsbudgets von Filmen sogar boomen, statt der Filmbranche das Fundament wegzureißen. Die fragwürdige PR-Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher", die ausgerechnet auf Youtube zu finden ist, hätte man sich demnach sparen können.

So gar nicht glücklich über derartige Aufklärung ist die Lobby-Frontorganisation „Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU)“, die reflexartig mit Krisen-PR entgegensteuert. Deren Pressesprecherin bedauerte heute, dass ihr derzeit die Studie selbst und auch deren Studiendesign noch nicht vorlägen. Man sei aber sehr gespannt darauf zu lesen, wie die Autoren methodisch einen Kausalzusammenhang zwischen der Schließung von Megaupload und den Kinozahlen begründet hätten. Wenn es darum gehe, einen Werbeeffekt von illegalen Downloads auf Kinobesuche nachzuweisen, dann müssten nicht die Umsätze, sondern die Besucherzahlen als Messgröße zugrunde gelegt werden. Die für Deutschland erhältlichen Zahlen widersprächen der These eindeutig. So habe kein Rückgang bei den Kinobesucherzahlen festgestellt werden können. Filme, die mit 200 Kopien oder weniger in den Kinos angelaufen sind, hätten im ersten Halbjahr 2012 sogar mehr Besucher in deutsche Kinos als in den beiden Vorjahren gezogen.

Dem von der GVU zitierten Verband der Filmverleiher (VdF) zufolge seien im ersten Halbjahr 2012 insgesamt 180 Filme mit weniger als 200 Kopien in deutschen Kinos angelaufen und am Startwochenende von nahezu 2,2 Millionen Besucher frequentiert worden. Insgesamt seien mehr als 18 Millionen Menschen für diese Filme ins Kino gegangen. Im Vergleichszeitraum 2011 seien 143 solcher Filme, mit 1,5 Millionen mit Besuchern am Startwochenende und 6,9 Millionen Besuchern insgesamt gestartet. 2010 seien es 132 Filme mit weniger als 200 Kopien gewesen, die ebenfalls von 1,5 Millionen Besuchern am Startwochenende und gesamt 8,2 Millionen ins Kino gelockt hätten.