WikiLeaks und das deutsche Strafrecht

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat schon einmal ausgeführt, wie man die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen bestrafen könnte

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Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat sich nun zu WikiLeaks geäußert und erörtert die rechtlichen Regelungen, nach denen das "unbefugte Offenbaren von Geheimnissen" unter Strafe gestellt werden könnte. Zwar wird zu Beginn kurz gesagt, dass WikiLeaks wichtige Informationen veröffentlich will, um für größere Transparenz zu sorgen, bestimmend bleibt aber doch die Suche nach Möglichkeiten, wie man gegen WikiLeaks oder andere ähnliche Gruppierungen insbesondere wegen Verrats von Staatsgeheimnissen vorgehen könnte.

Offenbar beunruhigt die juristische Lage auch die Politik in Deutschland, nachdem selbst die direkt von Cablegate betroffene US-Regierung auch nach schon längerer Suche bislang keine Möglichkeit entdeckt hat, juristische Schritte gegen WikiLeaks oder deren Gründer Julian Assange einzuleiten, was auch Bedingung dafür wäre, einen Auslieferungsantrag an Schweden zu stellen.

Angeführt wird § 353b StGB, der die Verletzung von Dienstgeheimnissen oder besonderen Geheimhaltungspflichten unter Strafe stellt, aber für WikiLeaks und Co. nicht zutrifft, weil dieser Paragraph sich gegen Amtsträger oder Soldaten richtet. Auch die Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 StGB dürfte kein Mittel sein.

Die Verletzung von Staatsgeheimnissen nach §§ 93-97b StGB wäre eine Möglichkeit, würden WikiLeaks oder ähnliche Gruppierungen Staatsgeheimnisse veröffentlichen, die die Bundesrepublik Deutschland "benachteiligen oder eine fremde Macht begünstigen" könnten, so dass "die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit Deutschlands herbeiführt". Auch wer "ohne eine besondere Schädigungsabsicht" Staatsgeheimnisse an Unbefugte oder die Öffentlichkeit weitergibt, kann sich strafbar machen, wenn dadurch wiederum ein schwerer Nachteil für die äußere Sicherheit herbeigeführt wurde. Strafbar ist auch, wer sich ein Staatsgeheimnis verschafft, um es zu veröffentlichen, was vermutlich am ehesten auf WikiLeaks und Co. zutreffen würde. Schwer dürfte allerdings der Nachweis stets sein, dass durch eine solche Veröffentlichung wie die der diplomatischen Depeschen ein "schwerer Nachteil für die äußere Sicherheit" entsteht.

Dann wird noch erörtert, wenn das Handeln im guten Glauben bzw. im vermeintlichen Interesse von Transparenz", wie von WikiLeaks behauptet, geschieht. Der Schutz des Geheimnisses sei jedoch nicht unbedingt, wenn es um Tatsachen geht, "die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen", dann seien dies illegale Geheimnisse. Aber auch dürfe man nicht weitergeben, wenn dadurch wieder der bekannte schwere Nachteil entsteht. Und auch wenn man fälschlich der Meinung war, es habe sich um ein illegales Geheimnis gehandelt, wird der Täter bestraft, wenn er sich nicht zuvor an ein Mitglied des Bundestags gewandt hat.

Das klingt alles so, dass im Gegensatz zu den USA, wo die Meinungsfreiheit von der Verfassung hoch geschützt ist, eine Veröffentlichung von Daten aus deutschen Ministerien gute Aussichten auf strafrechtliche Konsequenzen hätte. Der wissenschaftliche Dienst hält sich hier freilich zurück: "Ob im aktuellen Kontext der WikiLeaks-Veröffentlichungen auf das Handeln einzelner Personen deutsches Strafrecht anwendbar ist und ob sie sich nach einer der vorstehenden Vorschriften strafbar gemacht haben, bedarf jeweils einer Prüfung im Einzelfall."