Affäre Mollath: Protest in der Staatsoper

Flugblatt für ein "bayerisches Justizdrama in drei Akten" – Störung der Wagner-Festspiele in Bayreuth angekündigt

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Der Nürnberger Gustl Mollath sitzt seit sieben Jahren möglicherweise zu Unrecht in der Psychiatrie ein. Zu Anfang wusste kaum jemand von seinem Fall – heute ist er in ganz Deutschland bekannt und hat zahlreiche Fürsprecher, die sich für seine Freilassung einsetzen. Manchmal ist dies kontraproduktiv (wenn etwa Gutachter bedroht oder Freilassungsanordnungen gefälscht werden), manchmal aber auch originell. In welche Kategorie die Aktion eines Unbekannten fällt, der sich eine von Olivier Py inszenierte und von Paolo Carignani dirigierte Aufführung von Guiseppe Verdis Trovatore in der Bayerischen Staatsoper aussuchte, um am Wochenende eine Schicht zu interessieren, die als relativ nahe an der politischen Elite gilt, ist noch nicht ganz klar.

Nach einer regulären Pause im Singspiel förderte er laut "Freiheit für Gustl Mollath" und ließ einen Haufen Flugblätter von der Galerie segeln, die zum überwiegenden Teil aufgehoben und mitgenommen wurden. Darauf konnte das Publikum, das sich offenbar nicht durchgehend sicher war, ob die Geschehnisse nicht zur Inszenierung gehören, lesen, dass es eine "k(l)eine Programmänderung" gab, nämlich ein "bayerisches Justizdrama in drei Akten" und mit folgenden Mitwirkenden: Gustl Mollath, seine Ex-Frau Petra M., die HypoVereinsbank, "Geldwäscher & Steuerhinterzieher", Rotarier, Otto Brixner und Beate Merk ("Zweitbesetzung").

Die Geschehnisse im ersten Akt fasste das Flugblatt wie folgt zusammen: "Ein Prozess in Bayern - Justiz in Bayern, Rechtsbeugung, Urkundenfälschung, Unterdrückung von Beweismitteln, Strafvereitelung im Amt, Amtsanmaßung (alles mutmaßlich), copy&paste FerngutachterInnen". Die merkwürdige Rechtschreibung sollte möglicherweise ein Hinweis darauf sein, dass sich einige feministische Journalistinnen in der Berichterstattung über den Fall nicht unbedingt mit Ruhm bekleckerten. Der zweite Akt weckt mit dem Verweis auf einen "Wahn" und Mollaths Unterbringungsort Bayreuth Assoziationen an Richard Wagner und macht einen nicht ganz angemessenen Nazivergleich, der dritte handelt vom "Korpsgeist der Justiz".

Die Münchner Presse sieht als mögliches Vorbild für die Idee Luchino Viscontis Historienfilms Senso in dem während Troubadour Manricos Arie Di quella pira Flugblätter gegen die österreichischen Landesherren abgeworfen werden, die zahlreich im Publikum sitzen. Allerdings hat der Unbekannte bereits angekündigt, auch die am 29. Juli beginnenden Wagner-Festspiele in Bayreuth stören zu wollen.