Handel mit heißer Luft

Spanien will statt Klimaschutz zu betreiben lieber von Ungarn Emissionsrechte abkaufen.

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Die schlimmsten Befürchtungen von Umweltschützern und Diplomaten aus Entwicklungsländern scheinen sich zu bewahrheiten. Lange hatten sie sich in den internationalen Klimaschutzverhandlungen gegen den Emissionshandel gewehrt. Schließlich konnten sich die Industriestaaten doch durchsetzen. So würde am effektivsten das Klimas geschützt, weil die Investitionen dahin fließen, wo sie am meisten bewirken.

Pustekuchen. Die Nachrichtenagentur Reuters meldet, dass Spanien Ungarn Emissionsrechte für sechs Millionen Tonnen CO2 abkaufen will. Der Hintergrund: Spanien ist weit davon entfernt, seine Verpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll zu erfüllen. Obwohl es im EU-internen Lastenausgleich noch einen Zuwachs der Emissionen zugesprochen bekommen hat, wird es weit über das Ziel hinausschießen. Die 15 älteren EU-Mitglieder hatten sich 1997 nach Unterschrift unter den Klimaschutzvertrag darauf geeinigt, dass einige ihre Emissionen noch weiter ansteigen lassen dürften, andere dafür umso mehr reduzieren.

Ungarn hingegen ist wie alle osteuropäischen Länder in der komfortablen Situation, dass es seine Verpflichtungen spielend und ohne Anstrengung erreichen wird. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der nachfolgenden Wirtschaftskrise sind überall im ehemaligen Ostblock die CO2-Emissionen drastisch zurückgegangen. Nachholende Modernisierung hat ihr Übriges dazu beigetragen.

Spanien plant insgesamt Rechte für 159 Millionen CO2 zu kaufen. Nach dem Reuters-Bericht hat Ungarn bereits zwei Millionen Tonnen an Belgien verkauft. Russland,Lettland und Polen würde derzeit ähnliche Verkäufe an Japan und Irland diskutieren.

Bei den Deals handelt es sich nicht um Projekte, bei denen ein Investor in ein Projekt zur Vermeidung investiert, und sich dann die angeblich oder tatsächlich vermiedenen Emissionen gut schreiben lässt. Die Staaten verkaufen wirklich nur die "vermiedenen" Emissionen, die ein Ergebnis von Krise und Umstellung nach 1990 sind, also ohnehin nicht angefallen wären.

An diesem Punkt wird die Wild-West-Mentalität der bestehenden Klimaverträge deutlich. Wer in der Vergangenheit ein großer Verschmutzer war, wie die Industriestaaten, hat ein Recht darauf. Wer noch nie viel emittiert hat, wie zum Beispiel Indien, Niger, Mali oder Madagaskar, hat auch kein Recht darauf. Letztere Staaten können nämlich keine Emissionsrechte verkaufen, obwohl sie das Geld sicherlich viel nötiger hätten.