Die Grenzen des US-Einflusses in Syrien

CIA weiß angeblich zu wenig über Vorgänge im Land

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Was weiß die CIA über die Vorgänge in Syrien? Welchen Einfluss übt sie dort aus? Geht es nach aktuellen Berichten aus den US-Medien so ist ihr Wissen wie ihr Einfluss recht beschränkt, weswegen laut Informationen der patriotisch gesinnten Fox News nun mehr das Analysten-Personal verstärkt wird und Überstunden gemacht werden, um mehr „Augen und Ohren“ 24 Stunden am Tag für die Lageeinschätzung zur Verfügung zu haben. Es sei eine neue Task Force eingerichtet worden, um der frustrierenden Fehlen an geheimdienstlichen Erkenntnissen abzuhelfen.

Keine operative Basis mehr

Es fehlen CIA-Mitarbeiter, die in Syrien selbst arbeiten, beklagen Vertreter von amerikanischen und anderen Geheimdiensten gegenüber der Washington Post. In Libyen und Ägypten sei das noch anders gewesen – wie auch in Afghanistan und im Irak, wie Experten an anderer Stelle hinzufügen. Zwar wird die Nachricht von der geheimdienstlichen Lücke mit einer beruhigenden Botschaft versehen – über die Lager der chemischen Waffen halte man sich dank Satelliten, Abhörmaßnahmen und Geheimdienste anderer Staaten ebenso auf dem Laufenden wie über manche Vorgänge innerhalb der Regierung, aber es würden Informationen fehlen, die die Entwicklung des Konflikts besser einschätzen lassen und besonders über die Rebellengruppen.

"'The agency and others are trying to learn more about them," the official said. 'It’s still the case that without actual access to Syria, it’s hard to know exactly who they are.'"

Das meiste wisse man nur über türkische und jordanische Geheimdienste. Das ist eine interessante Einschätzung, las man doch vor Wochen wiederholt, dass die CIA prüfe, welche Rebellen Waffen bekommen und die Agency bei den Waffenlieferungen an die Rebellen mithelfe. US-Vertreter bestreiten dies nun. Die CIA sei niemals an Waffenlieferungen beteiligt gewesen, es seien lediglich Geheimdienstinformationen mit Saudi Arabien und Katar, die Waffen an die Rebellen liefern, ausgetauscht worden.

Die von der amerikanischen Zeitung zitierten ungenannten Quellen aus informierten Kreisen bestätigen stattdessen die Version der mäßigen amerikanischen Einflussnahme in Syrien, die seit einiger Zeit zu lesen ist. Dass die US-Führung sehr zurückhaltend agiere, aus Vorsicht vor Konsequenzen, die man in Afghanistan der 1980er Jahre erfahren habe, als die USA militante islamistische Gruppierungen, die Mudschahedins, mit Waffen und Geld unterstützten und damit den späteren Feind, namentlich al-Qaida, aufbauten.

Auch damals war Saudi-Arabien bei der Hilfe der islamistischen Oppositionellen mit von der Partie, worauf auch der US-Syrien-Experte Joshua Landis aufmerksam macht. Nach dessen Einschätzung haben die USA auch ihren Einfluss auf den syrischen Nationalrat, der Ende letzten Jahres noch als beträchtlich eingeschätzt wurde, eingebüßt. Seit deren Vorsitzender Burhan Ghalioun zurückgetreten sei, sei auch der amerikanische Plan, diese Organisation zu unterstützen, zerfallen.

Enge Verbindungen mit Exilopposition; Grenzen des Einflusses

Für engere Verbindungen zwischen syrischen Exil-Oppositionellen und amerikanischen Think Tanks und Politikern gibt es manche Hinweise, zum Teil recht detailliert; die Frage, ob sie den USA einen relevanten Einfluss auf die Ereignisse in Syrien gestatten, wird damit nicht eindeutig beantwortet. Das dürfte sich auch in den Einsatzmöglichkeiten der CIA in Syrien widerspiegeln, seit dem Schließen der US-Botschaft in Damaskus im Februar fehle eine sichere Basis für deren Arbeit und viel CIA-Personal habe das Land verlassen, heißt es etwa in der LA-Times.

Ob das stimmt, kann wie bei beinahe allen Nachrichten, die Syrien betreffen, nicht verifiziert werden. Manche unterstellen der CIA nach wie vor große Einflussmöglichkeiten, allerdings eher manipulativer Art als operativ vor Ort ( "Von der CIA ersetzte Fernseh-Bilder"). Und vom geopolitischen Standpunkt aus haben die USA, wie heute der Passauer Geschichtsprofessor Hans-Christof Kraus in einem FAZ-"Nachhilfeunterricht" erklärt ( Und ihr denkt, es geht um einen Diktator), ein ureigenes Interesse daran, jene "eurasiatischen Randregionen", wozu Syrien gehört, "nicht ihrem Schicksal - und schon gar nicht den beiden asiatischen Weltmächten (Russland und China, Einf. d.A.) - überlassen".

Ob die ureigenen Interesse der USA allerdings in Syrien in einer Form zur Geltung kommen, wie die sie das wünschen, ist fraglich, nicht weil es dafür nicht genug Motive gäbe, was ja allein schon die Berichte in den USA zeigen, und nicht nur wegen China und Russland, sondern weil religiös aufgeladene Konflikte schwer in kontrollierbaren Bahnen zu lenken sind. Wie steuert man jemanden wie Adnan al-Arour, der in Syrien auf eine Menge Anhänger zählen kann. Kurzfristig kann man vielleicht Erfolg haben, aber langfristig?

Nachtrag: Aber vielleicht sind es die längerfristigen Wirkungen des Irak-Krieges - wo sich auf dem "Hauptschlachtfeld gegen al-Qaida" eine Menge Dschihadisten in der Gegnerschaft zu den westlichen Armeen zu militanten Gruppierungen formierten, die nun in Syrien tätig sind -, welche die CIA nun lieber verschweigt. Nicht weil sie zu wenig Kenntnisse davon hat, sondern zu viel.