15.000 Studenten und Lehrer bei Unibrennt-Demo in Wien

Während sich die Rektoren zumindest verbal bereits auf die Seite der Studenten geschlagen haben, benötigt die Politik wohl noch einigen Druck von der Straße, um den Forderungen der Studenten näher zu treten

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Die Aktivisten von Unibrennt, die vor gut einem Jahr spontan Hörsäle an allen anderen österreichischen Universitäten besetzt hatten ( Studentenrevolte in Wien) und eine europaweite Protestwelle auslösen konnten, hatten für den diesjährigen Protestauftakt mit vielleicht 2.000 Teilnehmern gerechnet. Tatsächlich zählte Telepolis allein beim Zug von der Hauptuni zum Bundeskanzleramt am Ballhausplatz mindestens 6.000 Teilnehmer, so dass die Schätzung der Hochschülerschaft von Österreich weit mehr als 15.000 Teilnehmern nicht zu hoch gegriffen erscheint.

Die Proteste fanden im Anschluss an von den Rektoren einberufenen Vollversammlungen statt, wo sich Lehrende, Studenten und Experten in trauter Einigkeit zum Protestieren zusammenfanden. An der Universität Wien fand die Versammlung - offenbar aus Angst vor einer neuerlichen Besetzung - nicht im größeren Audimax, sondern in einem hoffnungslos überfüllten Hörsaal im Juridikum statt. Immerhin wurde im Freien per Videowall übertragen, so dass gut 2.500 Studenten in der Kälte mitverfolgen konnten, wie Rektor und regierungsnahe Experten am Podium die Studentenforderungen des Vorjahres übernahmen. Das nahmen die Studenten zwar wohlwollend zur Kenntnis, etwas ungehalten wurden sie aber doch, als ihnen vom Podium vorgeworfen wurde, im Vorjahr "nicht durchgehalten" zu haben, und quasi "selbst schuld" daran zu sein, dass sich trotz einiger Versprechungen rein gar nichts zum besseren verändert hat.

Nachdem gut eine Stunde lang vom Podium herab die Wichtigkeit der Bildung betont und der Geldmangel bedauert wurde, kamen endlich die Studenten zu Wort. Die Wortmeldungen schlossen sich erwartungsgemäß zwar der Kritik an den Zuständen und an der Politik an, an den neuen Frieden mit dem Rektorat wollten die Studenten dann aber auch nicht ganz glauben. Denn warum habe man es im Vorjahr dann so sehr an Unterstützung fehlen lassen und mit Polizei und Gerichten gedroht? Das rechtfertigte der Rektor mit der Bemerkung, man habe sich "von den Schalmeienklängen der Regierung einlullen lassen".

Wie sehr auch die die Rektoren auf vage Versprechungen hereingefallen waren, zeigte sich letztendlich erst diesen Herbst, als die Regierung den versprochenen Gesprächstermin mit den Rektoren erst für die Zeit nach der Budgeterstellung angesetzt hatte. Freilich verliefen auch die den Studenten zugestandenen Verhandlungen und Gespräche weitgehend im Sand und zusätzliche Gelder wurden ebenfalls nirgendwo bemerkt. Viel mehr sollen die Mittel weiter zusammengestrichen werden und reichen laut den Rektoren bald nicht einmal mehr für den bestehenden, von den Ressourcen her ohnehin oft inferioren Lehrbetrieb aus. Zu glauben ist den Rektoren, dass sich bei steigenden Studentenzahlen und stagnierenden Budgets die Zustände drastisch verschlechtern werden, was in einigen besonders überlaufenen Fächern kaum noch denkbar erscheint.

Wenn die Geldmittel schon nicht vorhanden sind, so erlaubten die Studenten sich doch die Forderung, dass die Rektoren wenigstens die organisatorischen Probleme angehen sollten, etwa die Fristenläufe bei den Diplomarbeiten und bei den Studienplänen. Während der Rektor darauf aber überhaupt nicht weiter einging, meinte dessen PR-Vertreterin gegenüber Telepolis nur, dass das Rektorat ohnehin nichts anderes mache, als stets um Verbesserung bemüht zu sein. Angesichts der schon lange bekannten Probleme und der bislang nicht erfolgten Lösungsversuche dürfte von dieser Seite nicht viel zu erwarten sein.

Fast scheint es, als betrieben die Rektoren derzeit vor allem deshalb einen lauten Aktivismus, um weiteren Hörsaalbesetzungen zuvor zu kommen. Die zu Semesterschluss schon recht frustriert und ausgelaugten Unibrennt-Aktivisten dürften sich vom überraschend starken Zulauf zu weiteren Protesten jedenfalls ermutigt fühlen. Sie hatten zudem das Glück, vom Linzer IT-Kunst-Festival Ars Electronica einen Sonderpreis zu erhalten. Im Rahmen des Festivals konnte Unibrennt zudem einige öffentliche Aktivitäten entwickeln, wobei auch Zeit zur Selbstreflexion geblieben sein dürfte und zumindest gewährleistet war, dass die Bewegung über den Sommer nicht völlig eingeschlafen ist.

In Wien zeigten sich die Studenten am Dienstag jedenfalls durchaus motiviert und fast schon wieder in Feierlaune. Die Medien berichteten ausgiebig und angesichts der von der Regierung in Aussicht genommenen Bildungsbudgets dürfte es mit den Studentenprotesten vermutlich nicht so rasch vorbei sein.