Faule Kredite in der Eurozonen-Peripherie bei mehr als 12 Prozent

Laut einer Analyse von JP Morgan liegen die "Non Performing Loans" in der südlichen Eurozone zehn Mal so hoch wie in Deutschland

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Die jüngste Analyse des Flows & Liquidity Teams der US-Großbank JP Morgan zeichnet – wenig überraschend - ein beunruhigendes Bild des südeuropäischen Bankensektors. Analysiert wurde die Entwicklung der faulen Kredite (Non Performing Loan Ratios, NPL) seit dem Jahr 2000 in Deutschland, den anderen Kernländern sowie der europäischen Peripherie, wobei die südlichen Eurozoneländer mit mehr als 12 Prozent bereits die fast zehnfache Quote Deutschlands erreicht haben.

Besonders erschreckend ist laut JPM, dass der NPL-Anteil zuletzt jährlich um 2,5 Prozentpunkte angestiegen ist, wobei Griechenland mit einem Anteil von rund einem Viertel der absolute Spitzenreiter sei, gefolgt von Irland mit 19 Prozent. Spanien und Portugal liegen mit jeweils rund zehn Prozent derzeit übrigens sogar noch etwas besser als Italien, wo der Anteil der faulen Kredite bereits 13,4 Prozent erreicht habe.

In Summe betragen die faulen Kredite in der Peripherie 720 Milliarden Euro, wovon rund 500 Milliarden von einheimischen Banken, 60 Milliarden von Banken aus Deutschland und weitere 150 Milliarden Euro von anderen Banken aus den europäischen Kernländern vergeben wurden.

Diese Kredite belasten die jeweiligen Bankensysteme enorm. Selbst wenn si nicht komplett abgeschrieben werden müssen und durch die Verwertung von Sicherheiten noch teilweise hereingebracht werden können, ist klar, dass die aktuell erzielbaren Zinsspannen nicht einmal in Spanien oder Portugal ausreichen werden, um die erforderlichen Wertberichtigungen auszugleichen.

Dazu kommt, dass bei einem insgesamt negativen Kreditgeschäft die expansive Wirkung der traditionellen Geldpolitik gegen Null gehen dürfte, so dass die Niedrigzinspolitik der EZB nur in Deutschland, wo die faulen Kredite zuletzt weiter zurückgegangen sind, und allenfalls noch in weiteren Kernländern wie Österreich und Holland, wirken könnte, wo die NPL-Quoten allerdings auch schon im Steigen begriffen sind.

Will die EZB nun also eine weitere Lockerung der realen Kreditverhältnisse erreichen, bleibt ihr wohl nichts anderes übrig als diese NPL anzugreifen, sie also entgegen ihrer eigenen Regeln - die EZB dürfte grundsätzlich nur qualitativ hochwertige Kredite hereinnehmen – als Sicherheiten für EZB-Finanzierungen zuzulassen, was anscheinend bereits geschieht. Oder, wie in der EZB anscheinend bereits intensiv diskutiert wird, sie direkt aufzukaufen,

Angesichts einer aktuell kaum existierenden überschießenden Kreditnachfrage dürfte daraus vorerst zwar keine unmittelbare Inflationsgefahr resultieren, allerdings würde sich – im Zuge der auf die NPL erforderlichen Abschreibungen – mittelfristig jedenfalls die Frage stellen, wie das Eigenkapital der EZB künftig betrachtet werden soll.

Denn das Eigenkapital wäre einerseits zwar keinesfalls ausreichend, um auch nur einen Bruchteil der absehbaren Verluste aufzufangen, sollte das Eurosystem die NPL in substantiellem Ausmaß in die Bilanz nehme. Andererseits benötigt die EZB dank ihrer Geldschöpfungskapazität zur Aufrechterhaltung ihrer Funktionen letztlich ohnehin keinerlei Eigenkapital und könnte auch dann ungehindert agieren, würde sie ein mit hunderten Milliarden Euro negatives Eigenkapital ausweisen müssen.

Vermutlich würde jedoch die Unkenntnis der geldpolitischen Mechanismen in Politik und Bevölkerung sowie die Angst vor der Hysterie der Märkte oder um das "Vertrauen" in die EZB dafür sorgen, dass die absehbare Erosion des EZB-Kapitals mit Steuermitteln vor allem der Kernländer ausgeglichen würde – was politische Verwerfungen bis hin zum Ende der Eurozone absehbar macht, sollten die Eurozoneländer ihrer statuarisch klar bestehenden Verpflichtung zum Eigenkapitalnachschuss nachkommen müssen.