"Nemo": Der Schnee, der aus der Wärme kam

Im Nordosten der USA bricht die Stromversorgung mal wieder wegen eines Unwetters zusammen. Ein AKW musste abgeschaltet werden. Hunderttausende bei Temperaturen unter Null Grad ohne Heizung

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Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft kommen irgendwann die Stromausfälle. Mit derlei Behauptungen versuchten die deutschen Stromkonzerne im Frühjahr 2011, als die hiesige Bevölkerung endgültig die Nase von ihren Atommeilern voll hatte, die öffentliche Meinung zu manipulieren. Daraus ist immer noch nichts geworden und Deutschland exportiert mehr Strom als je zuvor.

Dafür demonstrieren derzeit die USA, ein Land mit über 100 AKW, zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate, wie unsicher die Stromversorgung sein kann, wenn die Netzbetreiber in einem wegen der Großkraftwerke stark zentralisierten System zu wenig in die Infrastruktur investieren. Der Wintersturm "Nemo" hat im Nordosten der Vereinigten Staaten rund 650.000 Haushalte und Betriebe von der Stromversorgung abgeschnitten. Viele Haushalte sind daher bei Temperaturen weit unter Null Grad Celsius auch ohne Heizung. Das AKW Pilgrim bei Plymouth, Massachusetts, wurde am Freitagabend automatisch abgeschaltet, nachdem die Stromversorgung durch das Netz abgebrochen war.

Unterdessen zählt der Wintersturm in vielen Orten im Nordosten zu den härtesten je beobachteten. Neben ungewöhnlich starkem Schneefall brachte er auch eine Sturmflut mit sich, die einige Dämme brach. Von zehn Todesopfern ist bisher die Rede. Die Region war erst Ende Oktober von dem ungewöhnlichen Tropensturm "Sandy" betroffen gewesen. Auch damals kam es zu tagelangen Stromausfällen.

Man darf gespannt sein, wann die ersten Demagogen der Öffentlichkeit erklären wollen, dass der Schneesturm der Beleg sei, dass es keine globale Erwärmung gebe. Tatsächlich sind die starken Schneefälle für Meteorologen und Klimawissenschaftler keine Überraschung. Wenn die Luft wärmer wird, kann sie auch mehr Feuchtigkeit annehmen, und zwar erheblich mehr. Das heißt, es wird auch mehr Niederschläge geben, also im Winter auch mehr Schnee.

Tatsächlich hat "Nemo" viel Luft angesaugt, die über einen überdurchschnittlich warmen Nordatlantik strömte und dabei viel Feuchtigkeit aufnahm. Insbesondere die Gewässer vor der US-Ostküste sind derzeit erheblich wärmer, als sie gewöhnlich zu dieser Jahreszeit sein sollten.