Farbstoff möglicherweise krebserregend

Coca-Cola ändert "Produktionsprozess" für den US-Markt, aber nicht für Europa

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1887 kreierte der Wundermittelerfinder John Stith Pemberton wegen eines im Jahr zuvor erlassenen Temperenzgesetzes in Alabama einen alkoholfreien Nachfolger für seine Frauen-Allroundmedizin Pemberton's French Wine Coca. Das schwarzbraune Getränk "Coca-Cola" (dessen Patentrechte er schon ein Jahr später zum großen Teil verkaufte, um seine Morphiumsucht zu finanzieren) wurde in geänderter Zusammensetzung während der Prohibitionszeit in den USA und später überall auf der Welt zum Verkaufsschlager. Aktuell werden jährlich etwa 130 Milliarden Liter davon getrunken.

Um die Rezeptur machte man solch ein Geheimhaltungstheater, dass sie Teil des Mythos wurde, mit dem Werbekampagnen die Marke aufbauten. Nun gibt es Änderungen bei der Herstellung, weil der Konzern sonst dazu gezwungen gewesen wäre, Warnhinweise vor Krebs auf seinen Flaschen und Dosen anzubringen. Diese Änderungen betreffen dem Unternehmenssprecher Matthias Schneider nach allerdings nur die USA und nicht den europäischen Markt, wo die Lebensmittelbehörden den Karamellfarbstoff 4-Methylimidazol (MEI), der in einer Studie bei Mäusen zum verstärkten Auftreten von Lungenkrebs führte, bislang noch nicht beanstandeten. Das kalifornische Office of Environmental Health Hazard Assessment (OEHHA) legte dagegen einen Grenzwert von 16 Mikrogramm 4-Methylimidazol pro Produkteinheit fest. In einer herkömmlich hergestellten Halbliterflasche Coca-Cola ist das 12,5-fache dieses Wertes enthalten.

Dem US-Getränkeherstellerverband American Beverage Association zufolge sind die Ergebnisse der von der OEHHA herangezogenen Studie jedoch schon alleine deshalb nicht auf den Menschen übertragbar, weil den an Krebs erkrankten Mäusen sehr viel höhere Dosen 4-Methylimidazol verabreicht wurden und man angeblich 70 Jahre lang täglich fast 3.000 Dosen Cola trinken müsste, um sich dieser Menge auszusetzen. Auch Coca-Cola stellte sich auf den Standpunkt, 4-Methylimidazol sei für den Menschen ungefährlich und die Reduzierung des Farbstoffs eigentlich unnötig. Außerdem sei die Maßnahme keine Änderung der beworbenen "Rezeptur", sondern lediglich eine des "Produktionsprozesses". Mit solchen Haarspaltereien versuchen Unternehmen regelmäßig, unliebsame Presseberichterstattung zu unterbinden, was ihnen vor allem in Deutschland gelingt, wo dieser Form von Zensur ein zunehmend missbrauchtes Abmahnrecht entgegenkommt.